An der Hochschule Magdeburg-Stendal entsteht eine virtuelle Lernumgebung für Forschung und Lehre. Michael Montag arbeitet daran mit und erklärt die Hintergründe.

Virtuelle Realitäten werden immer greifbarer – mit einem Forschungsprojekt an der Hochschule Magdeburg-Stendal sogar auf physische Art und Weise. Michael Montag beschäftigt sich mit der Frage, wie vernetzte Handschuhe in virtuellen Umgebungen durch bestimmte Rückmeldungen an den Benutzer beim Lernen helfen können. Er erklärt: „Die Handschuhe sind aus einem ganz besonderen Material, damit kann der Nutzer oder die Nutzerin im digitalen Raum anfühlen, ob eine Oberfläche zum Beispiel aus Tapete oder Backstein ist.“ Dafür gibt der Handschuh unterschiedliche Vibrationssignale, die dann über die Haut im menschlichen Gehirn verarbeitet werden und zu bestimmten Tasteindrücken passen. Mit einigen Modellen können sogar Fang-Bewegungen nachgeahmt werden, indem der Handschuh über eingebaute Bänder die Handmuskeln in eine bestimmte Position bringt. „Stellen Sie sich vor, Sie greifen in der virtuellen Realität nach einem Ball, der auf Sie zufliegt. Der Handschuh würde dann Ihre Handmuskeln in der Position halten, als hätten Sie wirklich einen Ball gefangen“, erläutert Montag. So hätte man dann wirklich das Gefühl, den Gegenstand auch in der Hand zu halten. Force Feedback nennt man dieses System. „Es gibt auch noch neuere Modelle in den frühen Prototyp-Stadien. Diese haben smarte Stoffe in den Fingern verbaut, in die Flüssigkeiten hinein- und herausgepumpt werden können, um ein Tasten zu simulieren.“

Gedacht ist diese Forschung natürlich nicht zum reinen Spaß, das Forschungsprojekt ist in der Rehabilitations-Psychologie angesiedelt. Dort wird gerade für die Virtual-Reality-Forschung ein Labor gebaut, in dem die Lern-Anwendungen mit dem Datenhandschuh getestet und einsatzbereit gemacht werden sollen. „Die Lernumgebung wird gerade entwickelt, die muss dann zur Verfügung stehen, damit erste Studien gemacht werden können. Der Daten-Handschuh wird dann in einem zweiten Schritt eingebunden. Da sind schon noch einige Hürden auf dem Weg. Unser Projekt ist auf jeden Fall ambitioniert, aber machbar“, schätzt Montag ein.

Von den Ergebnissen des Forschungsprojektes sollen später natürlich auch die Studierenden der Hochschule profitieren können. „Also wie kann man gut lernen, welchen Einfluss hat Haptik? Wie kann man technische Geräte in die Schule, in die Hochschule einbinden?“, nennt Montag zwei der Fragen, mit denen sich das Forschungsteam befasst. Für die Zukunft sieht Montag noch viel mehr Einsatzmöglichkeiten für die virtuellen Umgebungen. „Wir stellen uns vor, dass die virtuelle Umgebung nicht nur für Studierende, sondern auch für zum Beispiel für Schulklassen oder Interessierte geöffnet ist. Man könnte mit verschiedenen Brillen nicht nur virtuelle, sondern auch erweiterte Realitäten ausprobieren. Wir haben jetzt auch Bio-Neurofeedback-Systeme, mit denen man beispielsweise Gehirnströme abfangen oder den Hautleitwiderstand messen kann. Letzterer ist ein Indikator für Nervosität, das ist im Prinzip die gleiche Technik wie beim Lügendetektor. Wir müssen auch sehen, wie das von den Studierenden angenommen wird. Von den Kollegen weiß ich aber, dass großes Interesse vorhanden ist, virtuelle Möglichkeiten für die Lehre zu nutzen und auch in die Forschung einzubinden. Das ist schon eine gute Voraussetzung, auch an einem kleinen Standort erfolgreich mit solcher Forschung zu sein“, wagt er begeistert einen Blick in die Möglichkeiten. Denkbar seien auch virtueller Unterricht und Museumsführungen für Schulklassen. „Man hat ja gesehen, dass während der Corona-Lockdowns einiges möglich war an digitalen Angeboten.  Man sollte schon die Vorteile nutzen, auch für die Lehre“, so Montag weiter. Nicht alle Veranstaltungen an der Hochschule müssten zwingend in Präsenz stattfinden, da müsse man in der Zukunft schauen, wo digitale Angebote sinnvoll eingesetzt werden können.

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