KI unterstützte Lernsysteme, digitale Pflegepuppen, 5-Achs- CNC-Fräsen und 3D Drucker: Digitalisierung ist Teil unseres Lebens, bedarf der Vermittlung, aber es gibt auch noch ein analoges Leben
„Zu Beginn der 90er Jahre benötigte die halbe Bevölkerung der ehemaligen DDR neue berufliche Perspektiven“, erinnert sich Thilo Reichelt. So startete 1990 das Bildungswerk als Anbieter von Arbeitsmarktdienstleistungen und Bildungsangeboten.
Seither ist der Bildungsmarkt, wie die Berufswelt, im stetigen Wandel. „Veränderung ist unsere Konstante. Wir haben immer schnell genug Entwicklungen zu antizipieren.“
„Letztlich ist jedes Berufsbild der Digitalisierung unterworfen“, weiß der Geschäftsführer des Europäischen Bildungswerkes für Beruf und Gesellschaft. Digitale Hilfsmittel spielen überall eine Rolle. Erzieherinnen und Erzieher beispielsweise bereiten heute schon Kinder auf ein Leben in der digitalen Gesellschaft vor, erklärt er: „Digitalisierung bedeutet für uns, Lernprozesse zukünftig so zu gestalten, dass sie vollständig oder in Teilen zeitlich und räumlich unabhängig werden. Das ist ein weiter Weg, den wir früh angegangen sind, z.B. mit Lernmanagementsystemen und Emailadressen für alle unsere Schülerinnen und Schüler; Beamer und interaktive Tafeln sind Standard.“ Programme von Bund und Land halfen sehr bei der Beschaffung modernen technischen Ausstattungen.
Ganz wichtig bei Digitalisierungsschritten ist immer, dass die Kolleginnen und Kollegen mitgenommen werden. Für die interne Fortbildung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Bildungswerk einen digitalen Kompetenzrahmen, der klar definiert, welche digitalen Skills für einzelne Tätigkeiten benötigt werden. Im Hinblick auf digitale Bausteine in den Ausbildungsprogrammen gibt es ein weites Spektrum von Anwendungen: „Auch die Pflegeausbildungen arbeiten mit digital unterstützen Pflegepuppen, die Fragen beantworten oder Schmerz artikulieren können.“ Im Technikum des EBG werden zukunftsorientierte Kenntnisse vermittelt: „Wir sind stolz, seit kurzem mit 5-Achs- CNC Technik arbeiten zu können. Zudem gibt es Programmierkabinette, wo man digital konstruieren und in 3D ausdrucken kann.“
Der Ausbildungsmarkt wandelt sich; in Metall- und Elektroberufen gibt es z.B. mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, in Pflegeberufen steigen die Ausbildungszahlen, sozialpädagogische Tätigkeiten liegen im Trend. Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie benötigen jedoch zukünftige Fachkräfte, die den durch die Digitalisierung steigenden Anforderungen der Branche folgen können. Dem wird das Technikum des Bildungswerkes durch eine praxisnahe innovative Ausbildung gerecht.
Magdeburg ist im Hinblick auf Smart City Angebote der Stadtverwaltung noch nicht auf dem Stand des Möglichen, glaubt der Berufsmarktexperte: „Meine Tochter lebt in Schweden; da laufen alle Verwaltungsanfragen digital.
Privat ist Reichelt Anhänger einer guten Mischung aus analog und digital. „Momentan sieht man nach zwei Corona Jahren die Befreiung ins Analoge: Ausgehen, Leute treffen, und auch mal wieder zum Präsenzmeeting übergehen. Auch in den Schulen war Digitalisierung keine reine Liebesheirat. Viele sehnten sich, wieder in die Schulen zu kommen.“
Gleichwohl hat er noch Wünsche im Hinblick auf die Digitalisierung der Stadt und des Landes: Dokumente könnten digital beantragt werden; Autos online zugelassen; digitale Klassenbücher sollten möglich werden; der Breitbandausbau vorangetrieben werden. Doch möchte er lieber loben als klagen: „Magdeburg hat sich in den letzten 30 Jahren stark gewandelt. Es wurde eine bunte, offene Stadt, ohne ihr Grün zu verlieren. Es hat sich kulturell toll entwickelt. Und auch wirtschaftlich war die Entwicklung nicht so schlecht, wie sie manchmal gemacht wird. Es ist eine Stadt, in der ich gern lebe.“
Reichelt freut sich auf die Intel Ansiedelung und meint: „Bisher weiß noch keiner so genau, welche Facetten diese Großinvestition für die Stadt, für die Bürger bringen wird. Wir werden versuchen, uns gemeinsam mit anderen mit Intel zusammensetzen und fragen, welche Erwartungen sie an uns haben. Was können wir gemeinsam tun?“