Seit 111 Jahren gibt es „Schuh Gerecke“ in Magdeburg. In Zeiten der Digitalisierung ist die Welt des Schuhmacher-Betriebes sehr groß geworden. Die findigen Handwerker bieten einen Online-Reparatur-Dienst an und erhalten sogar Aufträge aus Spanien.

Beim Handwerk, dem Maik Gerecke nachgeht, kommt einem schnell die alte Redewendung in den Sinn: „Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten.“ Für den Chef von „Schuh Gerecke“ trifft sie jedoch nicht zu. Im Schuhmacher-Geschäft im Hopfengarten versteht man das Handwerk und hat es in die digitale Welt gebracht.

Das 1911 gegründete Magdeburger Traditionsunternehmen wird heute in vierter Generation geführt. Es hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Jetzt führt Maik Gerecke die Geschicke. Der gelernte Instandhaltungsmechaniker hat bereits als Kind viel über Schuhe gelernt und erlebt, was es bedeutet, ein Geschäft zu führen. Seit 30 Jahren arbeitet der Magdeburger im Fachbetrieb mit, führte einst, als es mehrere Standorte gab, eine Filiale und hielt die Fäden der Handelsvertretung in der Hand. „Wir sind an einen Punkt gekommen, wo wir die Weichen für die Zukunft stellen mussten“, erinnert sich Maik Gerecke an eine unternehmerische Zäsur. Die Familie konzentrierte das Geschäft auf einen Standort, stellte sich neu auf, legte den Fokus stark auf die Werkstatt und auf das, was sie am besten kann: Schuhe in hoher Qualität und schnell reparieren. „Da macht uns so schnell niemand etwas vor“, ist sich Maik Gerecke sicher.

Vor etwa vier Jahren reifte bei ihm die Idee, dass sie ihr Handwerk auch online anbieten könnten. Das hatte gleich mehrere Gründe. Gerecke: „Ein paar Jahre nach der Wende ist der Schuh-Verkauf in den Hintergrund, dafür aber die Reparatur in den Vordergrund gerückt.“ Zudem sei zunehmend der Trend zur Nachhaltigkeit erkennbar. „Schuhe werden nicht mehr so schnell weggeschmissen, um die Umwelt und natürlich auch den Geldbeutel zu schonen“, weiß der Schuhmacher. Einen Vorteil für die Digitalisierung machte der engagierte Unternehmer recht schnell aus: „Solche Dienstleistungen wie unsere werden noch recht wenig im Internet angeboten.“ Ein Jahr lang tüftelten seine Partner und er daran, wie sich so ein digitales Angebot am besten umsetzen lässt. Sie prüften den Bedarf, ob die Kundschaft dafür offen ist. „Schließlich“, so Maik Gerecke, „sei es auch eine Vertrauensfrage, seine Schuhe einfach auf die Reise zu schicken und in fremde Hände zu geben“.

Wie bauen wir das Online-Angebot auf? Wie erreichen wir die Menschen, ohne zunächst Bewertungen und Rezensionen zurückgreifen zu können? Solchen Fragen mussten sie sich in der Vorbereitung und beim Aufbau des Online-Angebote stellen. Gerecke sagt: „Das hier Schuhmacher am Werk sind, die in kurzer Zeit verlässlich gute Arbeit leisten, das muss man erstmal unter die Leute bringen.“ Selbst Gerecke-Senior, bis dahin noch der Chef des Geschäfts, schaute zunächst skeptisch auf das Online-Vorhaben. „Heute ist er davon komplett überzeugt“, sagt Maik Gerecke. Denn inzwischen hat sich sehr weit herumgesprochen, dass in der Ottostadt Magdeburg das Schuhmacher-Handwerk gepflegt, gelebt – und praktisch digital umgesetzt wird.

Es war schließlich die Pandemie, die ins Online-Geschäft „noch mal richtig Schwung hineingebracht hat“, sagt Maik Gerecke. Heute reparieren die Magdeburger im Geschäft im Lindenplan jegliche Art von Schuhen – vom Tanzschuh bis zum Reitstiefel. Viele Magdeburgerinnen und Magdeburger nutzen den bequemen Service, aber die Pakete kommen auch Stuttgart, Berlin, München und sogar aus Österreich, der Schweiz und Spanien. „Unsere Welt ist größer geworden“, freut sich der Chef.

Dass so viele Menschen per Mouseklick die Reparatur ihrer Schuhe im Magdeburger Geschäft in Auftrag geben, liegt auch am unkomplizierten Prozedere. Das Reparatur-Formular für Damen- und Herrenschuhe, Gürtel oder Taschen wird heruntergeladen, ausgefüllt, die Objekte einfach per Post geschickt. Oder man gibt direkt in die Online-Maske in der entsprechen Rubrik ein, was getan werden soll. Die Fachleute reparieren, führen auf Wunsch auch eine Reinigung durch und senden nach spätestens drei Tagen alles wieder zurück an den Absender. Bezahlt wird je nach Vorliebe über gängige Abrechnungs-Methoden. Wer mag, kann im Online-Shop auch Pflegeprodukte bestellen. Und wer in Magdeburg oder in der Umgebung wohnt, spart sich das Paketschicken, kommt direkt in die Werkstatt oder in eine der Reparatur-Annahmestellen im Stadtgebiet. Ein zusätzlicher Service wird mit dem Schlüsseldienst angeboten. Maik Gerecke ist sich sicher, dass sein Geschäft damit für die Zukunft aufgestellt ist. Er sagt: „Wir verbinden das gute unverzichtbare Handwerk mit neuen Instrumenten und können so vielleicht bald mit mehreren Mitarbeitenden zeigen, wie gut in der Ottostadt gearbeitet wird.“

Handwerk mit digitalem Boden


Maik Gerecke

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