Instant-Kaffee, Waschpulver oder andere Granulate entstehen in Sprühtrocknungs- und Granulationsverfahren. Digitale Verfahrens-Simulationen helfen, Energie, Sensoren und Trockenzeiten einzusparen.

Produkte dieser Wirbelschichtverfahren nutzt jeder, kaum einer weiß es. Kaum eine fragt: Wie kommen eigentlich die kleinen Körnchen in die Welt? Waschmittel, Instant-Kaffee und weitere Granulate werden durch Versprühen von Flüssigkeiten und Trocknung industriell hergestellt. So entstehen Pulver; die in weiteren Wirbelschichtverfahren beschichtet werden können.

Sven Schiffner versteht was von der Sache. Er hat seine Bachelorarbeit mit Schwerpunkt in theoretischer Physik in Dresden gemacht. Zum Masterstudium kam er an die viel kleinere Physik-Fakultät nach Magdeburg. Für Computer und Informatik hat er sich schon seit seiner Kindheit begeistert. Das verhalf ihm wohl auch zu seinem aktuellen Job in einem Projekt am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF. Fast könnte man sagen: Sein Weg führte ihn von der theoretischen Physik kleinster Atomteilchen zur praktischen Festkörperphysik größerer und optimal getrockneter Partikel.

Seinen Wechsel von der TU Dresden in die hiesige Landeshauptstadt hat er nie bereut. Hier beginnen gerade mal zwei oder drei Studierende im Masterstudium Physik, entsprechend eng sei die Betreuung. So habe er im Studium der Festkörperphysik - ergänzt um Informatik-Vorlesungen - viel gelernt, was ihm nun beim Verstehen verfahrenstechnischer Prozesse sowie deren digitalen Simulationen hilft. Die Auswertung großer Datenmengen gehört zu seinen Hauptaufgaben im Fraunhofer IFF. „Hauptsächlich sitzt man dazu heutzutage am PC. Und hin und wieder ist man froh, wenn man rauskommt auf eine Konferenz oder zu einem Vortrag. Man eignet sich hier viel Wissen autodidaktisch an – doch dann geht es darum, Wissen und Konzepte im Unternehmen anzuwenden und der Industrie einen Mehrwert zu bringen.“ Eine praktische Herausforderung dabei: „Man stößt natürlich oft auf Anwender, die oft schon viele Jahre mit bestimmten Prozessen arbeiten. Dann muss man sich in deren Situation hineinversetzen und sehen, wie man den Leuten helfen kann. Es geht darum, zusammen eine Lösung für heutige Anforderungen etwa der Dokumentation aber auch der Prozess-Optimierung zu finden.“

Das Forschungsprojekt „TwinGuide“ läuft gemeinsam mit Wissenschaftlern im Bereich der Verfahrenstechnik der TU Hamburg und der Firma IPT Pergande aus Süd-Anhalt, die auf Wirbelschicht-Sprühgranulation spezialisiert ist und auch Anlagen in diesem Bereich herstellt. So eine Kooperation ist sehr vorteilhaft, gerade um neue Forschungsergebnisse der Universität zu den Anwendern zu bringen, erklärt der Physiker. „Noch stehen wir am Anfang. Erste Schritte waren, Datenspeicherungsprozesse im industriellen Kontext auf den aktuellen Stand zu bringen und Kommunikationsprotokolle für die Interaktion der einzelnen Prozesskomponenten festzulegen.“ Bis Juni soll der erste Prototyp hergestellt werden, bei dem die Simulation parallel zur Anlage läuft. Zunächst gehe es dabei um Trocknungsprozesse des Granulats, später um Fragen der Granulat-Beschichtung. Ziel sei ein universeller Leitfaden für alle Bediener von Wirbelschichtanlagen, eine wissenschaftliche Modellierung als Ratgeber für optimalen Energieeinsatz und ideale Trocknungszeiten. Dadurch werden kostspielige Fehler und Ausschussproduktionen reduziert.

Digitale Zwillinge sind derzeit in der Prozessindustrie in aller Munde. „Es geht darum, ein Abbild der Produktionsvorgänge zu programmieren, um alle Daten zu bekommen und um durch Simulationen Abläufe zu optimieren.“

Privat lebt Sven Schiffner schon in vielen Bereichen digitalisiert. Einige Smart Home Anwendungen hat er selbst programmiert, da er den Apps nicht recht traut: „Ich habe da eine gesunde Skepsis. Gerade bei Anwendungen auf dem Smartphone mit Kamera und Mikrofon ist die Nachvollziehbarkeit von Closed Source Programmen für mich nicht immer klar. Ich vertraue eher Open Source Apps, die ihre Codes und Datenverwendung offenlegen.“ Spät erst ist er von der analogen auf die digitale Fotografie umgestiegen – und nun umso mehr fasziniert, welche Bearbeitungsmöglichkeiten sich ihm hier bieten.

Die Intel Ansiedlung findet der Fraunhofer-Forscher wichtig. Dieses enorme Projekt werde hier viel Dynamik reinbringen. Die Halbleiterphysik an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität sei jetzt schon ganz gut aufgestellt. Sorgen macht sich Schiffner nur im Hinblick auf Wasserknappheit, falls Intel auch die wasseraufwändige Wafer-Herstellung aus Silizium hier her verlegen wird. Doch selbst da ist sich der Forscher sicher: „Für das Problem werden wir eine Lösung finden.“

Digitale Zwillinge optimieren


Sven Schiffner

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