Unterwegs im Zug, am Ostseestrand oder auf den Malediven kann man live am Gottesdienst der eigenen Gemeinde teilnehmen. Die AMOS IT GmbH glaubt an die digitale Kirche.

Die Corona-Pandemie hat viele unvorhergesehene Einschnitte und tiefgreifende Veränderungen in fast allen Lebensbereichen mit sich gebracht, auch in den Kirchengemeinden. Von jetzt auf gleich konnten im Lockdown keine Gottesdienste mehr stattfinden. Das war für Florian Bühnemann, der der Nicolai-Gemeinde in Magdeburg-Neustadt angehört, das Signal, Kirche digital zu denken.

Gemeinsam mit den beiden IT-Experten Wytze Kempenaar aus der kirchlichen Partnergemeinde Lelystadt in den Niederlanden und Marie Sirrenberg aus dem brandenburgischen Wittenberge hat Florian Bühnemann die Idee entwickelt, Online-Gottesdienste anzubieten. Beide Partner kommen aus der Internet-Startup-Welt und sind wie er von Kindesbeinen an kirchlich sozialisiert. So besteht bei ihnen der große Vorteil darin, dass sie nicht nur die IT-Seite kennen, sondern auch die Bedürfnisse der kirchlichen Gemeinden.

„Durch den technischen Hintergrund haben wir in unserer Gemeinde in Magdeburg angefangen, das Gottesdienst-Streaming umzusetzen. Als dann immer mehr Fragen zu Internet, IT-Sicherheit und Datenschutz aufkamen, wurde deutlich, dass es hier mehr als ehrenamtliches Engagement braucht. Und das nicht nur in dieser Gemeinde. So entstand die Idee, ein Unternehmen zu gründen, das beide Welten – Kirche und IT – miteinander verbindet“, beschreibt Florian Bühnemann die Ausgangssituation für die Gründung der AMOS IT GmbH in Magdeburg im Jahr 2020. Dabei seien die 15-jährige Erfahrungen der niederländischen Partnergemeinde auf dem Gebiet der Online-Gottesdienste sowohl im Technik- als auch im Softwarebereich von großem Vorteil gewesen.

„Zuerst stellten wir unsere Gemeinde digital auf zwei Beine, dann die Nachbargemeinde, dann noch eine und noch eine … bis schließlich der Gedanke kam: Warum bieten wir das nicht für alle an?“, erinnert sich Florian Bühnemann. Inzwischen wird AMOS IT deutschlandweit von Kirchen für unterschiedliche Digitalisierungsprojekte beauftragt. Ihren Service für die Übertragung von Gottesdiensten nutzen mehr als 30 evangelische und katholische Gemeinden. „Auch in der Schweiz sind wir derzeit dabei, weitere 20 Gemeinden anzuschließen.“

Und wie funktioniert das Ganze? „Wir sind sozusagen der Türöffner, gehen in die Kirchengemeinden, erklären was wir vorhaben und präsentieren die Software. Wenn die Gemeinden von unserem Angebot überzeugt sind, kümmert sich eine Firma um die technische Umsetzung in den Kirchen“, erklärt der Magdeburger. Sind alle Voraussetzungen geschaffen, wie beispielsweise die Installation von Videotechnik, Sender und Mikrofonen, werden die Gottesdienste online gestellt.

Über das Portal unsergottesdienst.de kann man den jeweiligen Gottesdienst hochladen, wenn sich die Kirchengemeinden dort zuvor registriert haben. Damit wird es möglich, überall live am Gottesdienst der eigenen Gemeinde teilzunehmen. Ganz bequem über eine Website, die man auf Laptop, Tablet oder Smartphone aufruft.

In der digitalen Welt liege „unwahrscheinlich viel Potential für die Kirchengemeinden“, sagt Florian Bühnemann. Neben dem Gottesdienst-Streaming gehören auch die Spenden-App Givt, das digitale Büro, vernetzte Gemeinden und vieles mehr zu den Angeboten von AMOS IT. Mit dem Ziel, die Kirchen für ein breites Spektrum zu öffnen, arbeitet das Trio Kempenaar/Sirrenberg/Bühnemann daran „mit Herzblut“. Das Projekt Givt, das sich in Deutschland noch in der Pilotphase befindet, ist der „Digitale Klingelbeutel“ für die Kirchen. Auch dafür engagiert sich AMOS IT gemeinsam mit einer Firma in den Niederlanden. Die Idee: Zusätzlich zur Bargeld-Kollekte können die Kirchen dazu übergehen, digitale Spendenmöglichkeiten zu schaffen.

Wie ist die Akzeptanz der Gemeindekirchenräte und Gemeindemitglieder gegenüber der digitalen Entwicklung? Die Angst vor dem Unbekannten sei durchaus da, jedoch hätten die Leute in der Zeit der Pandemie das Potenzial der Digitalisierung erkannt, weiß Florian Bühnemann.

Die Bilanz nach zwei Jahren? „Wir mussten sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Und die ersten zwei, drei Monate hatten wir regelmäßig das Gefühl, wir wollen den Leuten das Raumschiff Enterprise verkaufen. Jetzt, wo man die ersten digital basierten Umsetzungen sehen kann, merken die Menschen, dass Digitalisierung ihr Leben bereichert und viele Dinge einfacher macht.“

Und wo sieht er das Unternehmen in fünf Jahren? „Wir hoffen, dass wir in fünf Jahren ein wichtiger Technikpartner von Kirchen wie der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sein werden. Auch die Kirche ist durch den Zeitgeist getrieben und muss viele Weichen in Richtung Digitalisierung stellen“, ist Florian Bühnemann überzeugt.

Kirche digital denken


Florian Bühnemann

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