Spitzenforschung wird an verschiedenen Instituten in Magdeburg betrieben. Professor Andreas Müller forscht und mikroskopiert zum Immunsystem.
Den Schweizer Akzent hat er sich im Lauf der Jahre fast abgewöhnt. Professor Andreas Müller stammt aus dem schweizerischen Solothurn und lebt gern in Magdeburg. „Das Kulturangebot passt, und mit zwei Kindern macht es richtig Spaß, hier zu leben. Hier ist immer etwas los, aber trotzdem ist alles entspannt“, sagt der 38-Jährige. Nach Magdeburg geführt hat ihn die Forschung, der studierte Biologe ist Spezialist für Mikroskopie. Das Besondere an seiner Forschung: Mit seiner Arbeitsgruppe mikroskopiert er am lebenden Objekt, Intravitalmikroskopie nennen die Fachleute diese Methode. Müllers Hauptinteresse gilt dabei der Erforschung von Immunreaktionen. „Immunzellen haben eine sehr spezielle Funktion im Körper, ihre Beweglichkeit und Kommunikationsfähigkeit mit ihrer Umgebung ist viel ausgeprägter als bei Zellen anderer Organe. Meine Arbeitsgruppe schaut sich an, wie die Aktivität von Immunzellen in der Wechselwirkung mit Krankheitserregern dazu führt, dass Infektionen bekämpft werden“, erklärt er seine Arbeit kurz.
Dafür nutzt Andreas Müller ein System, mit dem man bei Krankheitserregern messen kann, wie schnell diese sich vermehren. Wo, wie und auch in welcher Geschwindigkeit sich diese Erreger vermehren können, ist eine zentrale Frage der Wirksamkeit von Antibiotika. „Wenn wir genau wissen, wie sich die Erreger verhalten, können wir spezifische Therapien viel besser umsetzen und maßgeschneiderte Medikamente einsetzen“, so Müller über die Auswirkungen seiner Forschung. So könnten Breitbandmedikamente vermieden und ganz gezielt die Therapie eingesetzt werden, die nur den oder die entsprechenden Erreger bekämpft. Die Gefahr von Resistenzen und die Bildung multiresistenter Keime – also solcher Keime, die gegen verschiedene Medikamente immun sind – ließe sich besser verhindern.
Nach seinem Studium der Biochemie hat er sich in Zürich auf Mikrobiologie und die Mikroskopie am lebenden Objekt spezialisiert, und danach einige Zeit am Institut Pasteur in Paris geforscht, einem der renommiertesten Forschungszentren in Sachen Infektionsforschung. „Als meine jetzige Stelle in Magdeburg ausgeschrieben wurde, war ich überrascht, dass genau meine Spezialität hier gefragt war. Hier gibt es genug Kollegen mit dem gleichen Interesse, ich bin hier kein Einzelkämpfer. Sonst wäre es auch sehr schwer, zu vernünftigen Forschungsergebnissen zu kommen“, erklärt er seine berufliche Verbundenheit zur Universitätsklinik in der Landeshauptstadt. Anfragen zur Verwendung seiner Methode erreichen Müller und seine Arbeitsgruppe mittlerweile von Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland, und bestätigen die Relevanz seiner Forschung. „Wenn unser System auch Anwendung in der Praxis findet, freut mich das als Forscher natürlich enorm. Darauf ausruhen werden wir uns freilich nicht. Wir sind inzwischen ganz gut darin, mit dem Schreiben von Forschungsanträgen Gelder einzuwerben, um die Weiterführung unserer Arbeit mit zu finanzieren“, sagt er.
Von der Bewerbung der Ottostadt Magdeburg um den Titel der Kulturhauptstadt Europas 2025 ist Andreas Müller begeistert: „Ich freue mich sehr darüber. Ich habe manchmal den Eindruck, dass das Lebensgefühl in Magdeburg unnötig bescheiden ist, da dürften Stadt und Menschen schon selbstbewusster sein.“ Auf das historische Erbe ihrer Stadt könnten die Magdeburger ungemein stolz sein. Immer wieder sei die Stadt im Laufe der Jahrhunderte beschädigt, zerstört und doch immer wieder aufgebaut worden. Und die Stadt, die heute an der Elbe weiterwächst, genießt Andreas Müller auch in seiner Freizeit, während der er auch in einem Chor singt. „Zugegeben, mit Familie, zwei Kindern und der Arbeit ist es ein bisschen schwierig, Zeit für regelmäßige Freizeitaktivitäten zu finden, aber zum Glück bin ich nicht an feste Arbeitszeiten gebunden und kann oft arbeiten, wann ich will“, sagt er. Das will er auch weiterhin in Magdeburg tun. „Wir diskutieren jetzt, wie genau unsere Forschungsarbeit weitergehen soll, und ich freue mich darauf, hier weiterzumachen“, sagt er.