Im Elbedome im Magdeburger Wissenschaftshafen werden virtuelle Realitäten mit modernster Technik erlebbar gemacht und innovative Themen erforscht.
An Steffen Masiks Arbeitsplatz fühlt man sich ein bisschen wie in einem Science-Fiction-Film. Der Diplom-Ingenieur am Magdeburger Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) beschäftigt sich täglich mit virtuellen Realitäten und deren Anwendung in der Industrie. In einem großen Raum entstehen interaktive Computerbilder zu unterschiedlichsten Themen, die eine Wahrnehmung von geplanten Produkten oder Gebäuden ermöglicht, als wären sie bereits real. Im sogenannten Elbedome im VDTC im Wissenschaftshafen arbeiten und forschen Masik und seine Kollegen in einem Mixed-Reality-Labor.
Von außen lässt die halbrunde, glänzende Fassade noch kaum erahnen, welche einmaligen Raumerlebnisse diese in Europa einzigartige Forschungsstätte bietet. „Im Elbedome entwickeln wir Methoden und Verfahren, die die Anwendung von virtuellen Realitäten in Industrie und Bauwesen erleichtert. Er ist zugleich ein Erlebnisraum, in dem Experten mit Unternehmen und Planern ihre Projekte ganz plastisch darstellen und ausprobieren können“, erklärt Masik. Seit einigen Monaten wird dieses Erlebnis besonders beeindruckend. Zusätzlich zum 360-Grad-Panorama an der Wand wurde nun auch für die Projektion auf den Boden neue Technik eingebaut. Dreidimensionale Darstellungen von Produkten, Fabriken und Anlagen werden somit fast real. Die Forscher können mit ihnen interagieren und intensiv an einem virtuellen Objekt oder einem konkreten Problem arbeiten. Es sei fast wie auf dem Holo-Deck bei Star Trek, lacht der Magdeburger Wissenschaftler. Einzig die Simulation der Haptik beim Anfassen ist noch nicht so einfach möglich.
Aus diesen Untersuchungen gewinnt das Fraunhofer-Team wichtige Daten für die Weiterentwicklung von realen Produkten oder Prozessen. Mit ihren Auftraggebern aus der Wirtschaft nutzen sie die modernen Planungsverfahren von Industrie 4.0 zum Vorteil für alle. „Da die meisten Produkte und Systeme heute sowieso als 3D-Modell am Computer entworfen und konstruiert werden, können diese Daten aus Basis für interaktive Virtuelle Realitäten für Design- und Funktionsprüfungen verwenden“, erklärt Masik. So lassen sich beispielsweise Konstruktionsfehler an einem neuen Produkt entdecken, die technische Ausstattung von Gebäuden überprüfen oder verschiedene Planungen für Stadtentwicklungen oder Verkehrssysteme schnell austesten. Dafür nutzt sein Team das Know-how-Netzwerk von Fraunhofer und arbeitet eng zum Beispiel mit den Fachkollegen für Logistik oder Anlagenbau zusammen. „Wir müssen die Virtuellen Realitäten schnell und austomatisiert darstellen, da die Modelle sonst schnell wieder veraltet sind, denn die Planung läuft ständig weiter. Und wir müssen alle verfügbaren Daten intelligent zusammenfügen und mehr Einblicke als ein klassischer Arbeitsplatz ermöglichen“, so der Ingenieur.
Als Kleinkind kam Steffen Masik aus Mecklenburg-Vorpommern an die Elbe, studierte ab 1997 Computervisualistik an der Otto-von-Guericke-Universität. Den Studiengang gab es damals nur in Koblenz und hier. Seitdem ist am Wissenschaftsstandort Magdeburg viel passiert. Dazu gehöre auch die Entwicklung des Wissenschaftshafens, für die sich auch das Fraunhofer-Institut intensiv engagiert. Das sei für den Wissenschaftsstandort ein wichtiges Zeichen, meinen die Fraunhofer-Wissenschaftler unisono. Wenn es zudem gelinge, Magdeburg stärker als Forschungsstandort zu entwickeln, zieht dies neue Studenten in die Stadt, die auch hierbleiben. Das brauche Magdeburg. Kluge Köpfe, die die Stadt weiter formen und voranbringen. Für Masik steht fest: „Wissenschaft ist das, was uns als europäische Gesellschaft voranbringen wird. Es muss noch mehr passieren. Die guten Partnerschaften zur Universität und Hochschule bieten hierbei bereits gute Voraussetzungen für die ingenieurwissenschaftliche Forschungsarbeit.“
Für den Elbedome und das Fraunhofer-Institut gibt es Zukunftspläne, die bereits Gestalt annehmen. In einem Erweiterungsbau im Wissenschaftshafen entsteht eine eigene Demonstrationsfabrik mit realen Produktionssystemen und Robotern. In diesem innovativen Labor simulieren die Wissenschaftler Produktionsabläufe und moderne Arbeitswelten. Man stelle sich eine Modellfabrik 4.0 vor: auf der einen Seite reale Abläufe und Produkte und auf der anderen ein parallele laufendes, virtuelles Abbild. Dieser digitale Zwilling steht jederzeit für Tests und Simulationen zur Verfügung. „Wir beobachten mit Sensoren das reale Produktionssystem und machen die komplexe Datenlage mithilfe künstlicher Intelligenz und Virtueller Realität für Menschen verständlich sichtbar. Probleme werden somit schneller erkannt und Entscheidungen können sicherer getroffen werden“, fasst Steffen Masik diese Vorteile zusammen.