Vom Zahntechniker zum Schmuckdesigner hat es Gerfried Kliems gebracht. In seiner Werkstatt lässt er Stücke entstehen, die es sonst nirgends gibt.
In seiner Schmuckwerkstatt im Rayonhaus an der Leipziger Straße lässt Gerfried Kliems einzigartige Unikate entstehen. Auch wenn das mittlerweile seit 18 Jahren so ist, war der Schmuck nicht immer sein einziger Arbeitsinhalt. Der gelernte Zahntechniker hat in Laboren gearbeitet, später sein Abitur nachgeholt und ein Studium der Zahnmedizin in Halle begonnen. „Drei Semester vor dem Ende war mir dann die räumliche Trennung von meiner Familie zu viel, außerdem haben wir damals angefangen, das Rayonhaus zu sanieren“, erzählt er. Zum Studium sei er dann nicht mehr gegangen und sagt heute dazu: „Das war ganz schön doof, zumal ich mir mit dem Studium die Rückkehr zur Zahntechnik verbaut hatte.“
Eine Sackgasse war diese Situation für Gerfried Kliems jedoch nicht, denn Schmuck hatte es ihm auch schon in seiner Zeit als Zahntechniker angetan. „Ich habe immer schon Schmuck hergestellt, auch wenn das früher nicht so einfach war wie heute. Meine Vorgesetzten haben mich in den Laboren machen lassen“, blickt er zurück. Heute könne man das mögliche Zubehör für die Schmuckherstellung im Hobbyladen kaufen, das sei damals nicht gewesen. Kliems jedenfalls knüpfte an seine Schmuck-Leidenschaft an und wollte sehen, ob er sich auch damit selbst verwirklichen könnte. „Einfach ist das sicher nicht“, sagt er. Vor allem an die Preise aus dem Netz könne er mit der Handarbeit nicht herankommen. Allerdings hatte er eine Idee, die offenbar richtig gut ankam in Magdeburg und auch darüber hinaus: „Ich habe einfach mal Leuten gezeigt, wie man Schmuck macht. Daraus ist unser Kursangebot entstanden.“
Zuerst habe er mit Kindern gearbeitet und den Mädchen und Jungen gezeigt, wie man einen einfachen Silberring macht. „Die Mütter waren begeistert und wollten das auch machen, und so wurden die Gruppen immer größer“, berichtet Kliems. Anderen Menschen zu zeigen, wie man aus Metall und Steinen wunderbare Schmuckstücke kreiert, das mache ihm großen Spaß. Außerhalb der Ferien und Feiertage bietet er vier bis fünf Kurse pro Monat an. Die meisten Teilnehmer sind Frauen, einige kommen öfter und wollen gern weiterlernen. Ausbildungsplätze in der Schmuckbranche in Magdeburg sind rar, nur wenige Goldschmiede bilden überhaupt noch aus, auch Arbeitsplätze für ausgebildete Schmuckhersteller liegen nicht auf der Straße. Gerfried Kliems trifft mit seinem Angebot einen Nerv. „Selbst, wenn man daneben schlägt und etwas schiefgeht, entsteht etwas Neues, das vielleicht nicht so ist wie man es sich vorgestellt hat, aber anders schön“, philosophiert er ein wenig. Kliems lebt seinen Traum – und braucht darum nach eigenen Worten auch kein zusätzliches Hobby.
Mittlerweile hat sich die Rayon-Schmuckwerkstatt zu einer eigenen Marke entwickelt, die Gerfried Kliems auch hat eintragen lassen. Voll des Lobes ist er über die Vernetzung in der Stadt: „Gute Dinge sprechen sich hier herum. Unsere Kursteilnehmer tragen in die Stadt, was wir machen, und so können wir auch weitermachen.“ Laufkundschaft käme nicht in seine Werkstatt, stattdessen hat sich der Inhaber der Werkstatt auf die Kurse eingeschossen, selbst Brautpaare können ihre Eheringe dort selbst herstellen. „Wir haben unsere Nische gefunden“, ist sich Kliems sicher und klingt zufrieden dabei. Einige verrückte Stücke seien natürlich auch dabei gewesen, sagt er. „Wir haben schon mal Katzenhaare und Weisheitszähne mit verarbeitet, Damaszener-Messer zu Ringen umgearbeitet, mit Holz, Sand und Muscheln Schmuck gemacht“, zählt er auf. Eine besondere Ehre wurde ihm 2018 zuteil: Ein Bischofskreuz mit passendem Ring durfte er herstellen.
Für die anstehende Bewerbung Magdeburgs um den Titel der Kulturhauptstadt müsse die Stadt noch einige Hausaufgaben machen, ist er sich sicher. Besonders mehr Kleinkunst könnte die Stadt gebrauchen. Sein persönlicher Traum für die Elbestadt in der Zukunft hat zwei Räder: „Magdeburg wird Fahrradstadt. Sicherlich wird es schwer, da bestehende Strukturen aufzubrechen, aber die Leipziger Straße als Fahrradstraße fände ich gut.“