Ein Gespräch über Kaiser Otto den Großen

„Otto I. steht am Anfang unserer Geschichte“

Otto der Große gilt als eine der bedeutendsten Herrscher seiner Zeit. Für den König des Ostfrankenreiches und späteren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches spielte die Lieblingspfalz an der Elbe eine zentrale Rolle. Ein Grund, warum Magdeburg heute mit Stolz den Beinamen Ottostadt trägt.

Warum hat Magdeburg unter Otto dem Großen eine bevorzugte Stellung eingenommen?

Prof. Dr. Matthias Puhle: Zunächst waren es wohl rein praktische Überlegungen. Historiker vermuten, dass Otto der Große unweit von Quedlinburg, dem Herrschaftssitz seiner Eltern, seinen Mittelpunkt haben wollte. Dieser Ort hier war für Otto den Großen vermutlich aber auch durch seine Lage interessant – an der Elbe und an der Ostgrenze des ostfränkischen Reiches. Von hier aus konnte er seine christliche Mission über die Elbe hinaus betreiben.

… und seine Frau mochte Magdeburg auch sehr, wie man immer wieder liest.

Otto hat seiner ersten Frau Editha Magdeburg geschenkt. Sie war die erste Stadtherrin. Quellen berichten, dass sie an diesem Ort an der Elbe großen Gefallen gefunden hat.

Gilt das auch für Otto?

Magdeburg gilt als der Ort, wo sich Otto der Große am häufigsten aufgehalten hat. Dazu kommt seine hartnäckige Arbeit für die Einrichtung des Erzbistums Magdeburg, die am Ende erfolgreich war. Er hat sich auch schon sehr früh für die Grablegung in Magdeburg entschieden, was damals sehr wichtig war für mittelalterliche Herrscher, ein politisches Zeichen. Magdeburg hat eine wichtige Rolle für Otto den Großen gespielt. Er hatte eine starke Bindung entwickelt, kam als Kaiser sogar aus Italien zurück an die Elbe.

War Magdeburg zu dieser Zeit eine wichtige Stadt in Europa?

Durch die Politik Ottos des Großen hat Magdeburg eine herausragende Rolle gespielt. Die Stadt war im deutschen Bereich eine der sechs erzbischöflichen Metropolen nördlich der Alpen.

Würde es Otto den Großen gefallen, dass sich Magdeburg als ,Kulturhauptstadt Europas 2025‘ bewirbt?

Ich denke, er würde sich gar nicht darüber wundern, sondern eher sagen:, Durch mich ist Magdeburg doch schon eine Kulturhauptstadt geworden. Seht her – die italienischen Säulen, die Bau-Fragmente, die ich aus Oberitalien herbringen ließ! Die hochrangingen Reliquien des Christentums! Ihr müsst euch doch gar nicht mehr bewerben, ihr seid es doch schon!‘ Natürlich liegen 1.000 Jahre Geschichte zwischen Otto dem Großen und uns. Aber er könnte schon allein nur auf den heutigen gotischen Dom blicken, der als ein europäisches Bauwerk errichtet wurde und sich bestätigt fühlen.

Warum gefällt es Ihnen, dass wir den Titel holen könnten?

Auf Magdeburg würde eine unglaubliche europäische Wahrnehmung liegen. Allein, wenn wir es in die zweite Auswahlrunde schaffen, würde schon sehr viel über die Stadt berichtet werden. Ab der Entscheidung im Jahr 2020 würde Magdeburg im Fokus stehen, bis 2025 würde die kulturelle Entwicklung der Stadt medial begleitet werden, und auch nach 2025 wären wir im europäischen Bewusstsein fest verankert. Das würde Magdeburg voranbringen – zusätzlich zu der ohnehin positiven Entwicklung als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort, Dienstleistungszentrum, Verkehrsknotenpunkt und politisches Zentrum.

Wie würde Otto der Große das heutige Magdeburg sehen?

Er wäre sicher erstaunt über die Geschichte der Industrialisierung, die war im 10. Jahrhundert ja nicht vorherzusehen. Und auch über die Größe der Stadt würde er sich wundern..

Und er würde sich auch freuen, dass Magdeburg Ottostadt ist. Oder?

Ich bin mir sicher, dass ihn das freuen würde. Otto wollte immer, dass die Erinnerung an seine Person, als Stifter des Erzbistums, und auch die an Editha als Gründerin der Stadt unendlich lang erhalten bleibt.

Mit dem ,Ottonianum‘ gibt es einen weiteren Baustein dafür.

Ich finde es großartig, dass wir dieses Museum direkt neben dem Dom haben. Es kündet dauerhaft davon, welche herausragende Rolle diese Gründerfamilie für Magdeburg, Deutschland und Europa gespielt hat. Es hält die Erinnerung wach an Otto den Großen, an diese große Zeit im frühen Mittelalter, fördert den Stolz der Magdeburger und holt das Bewusstsein für die Historie wieder hervor. Die Stadt hat eine große, lange Geschichte mit vielen Aspekten, und Otto der Große steht an ihrem Anfang.

Prof. Dr. Matthias Puhle


Beigeordneter für Kultur, Schule und Sport