Bilder für Blindenverein

Fühlbare Erinnerungen schaffen für Menschen, die nicht oder nur sehr schlecht sehen können: Das können Laura Evers, Florentin Förschler und Robert Wlcek.

Mal schnell einen Lageplan studieren oder auf einer Karte nachgucken, wie weit zwei Ziele voneinander entfernt sind: Das kennt jeder, und für sehende Menschen ist dies eine Selbstverständlichkeit. Selbst mit dem Smartphone gelingen heute diese Aufgaben spielend. Doch wie können Menschen mit schweren Einschränkungen und Blinde solche Aufgaben bewältigen? Für dieses Problem gab es lange nur Lösung, sich von sehenden Menschen helfen zu lassen. Doch drei Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal haben ein System entwickelt, wie sich aus Grafiken und anderen Bilddateien fühlbare Bilder machen lassen. Tactile Pictures nennt sich folgerichtig ihr System. „Damit können wir Grafiken so produzieren, dass man sie anfassen kann“, erklärt Laura Evers. Ihr Ziel: Eine Brücke zwischen sehenden und sehbeeinträchtigten Menschen schlagen, die so die gleichen Grafiken ansehen können – einer mit den Augen, einer mit den Fingern.

Florentin Förschler aus dem Entwicklungsteam des Projekts sagt: „Unsere taktilen Grafiken sind Reliefbilder, die blinde und sehbehinderte Menschen mit ihrem Tastsinn erfassen können.“ Wer sehen kann, ist natürlich nicht außen vor: Die Bilder sind bunt und eben nicht nur tastbar, sondern auch optisch ansprechend. Geschaffen haben die drei Projektleiter mit TacPic eine Online-Plattform, die taktile Grafiken finden, gestalten, teilen und bestellen kann. Ein spezieller Web-Editor kann taktile Grafikvorlagen gestalten, ein Katalog wird von den Nutzern gepflegt, und die Grafiken können auch als Kopien zum Anfassen bestellt werden. „Das ist ein großer Vorteil für Menschen mit einer Sehbehinderung, die dann auch Bildungs- und Informationsgrafiken ‚ansehen‘ können“, sagt Robert Wlcek. Gemeinsam mit Evers und Förschler arbeitet er daran, das System weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu bringen. Im Master-Studiengangs Interaction Design der Hochschule Magdeburg-Stendal lernten sie sich kennen, arbeiten seitdem zusammen an der Verwirklichung der Idee. Entstanden ist das Projekt durch eine Semesterarbeit zum Thema „Konfigurator: Digitaler Input – Analoger Output“. In der frühen Recherchephase konzentrierten sich die jungen Gründer auf das Schaffen von tastbaren Fotografien und Erinnerungen, doch eine intensive Recherche mit Experten und Betroffenen brachte zu Tage, dass dies wenig Mehrwert für blinde und sehbehinderte Menschen hat. Wichtig dagegen sind Diagramme, Karten, schematische Darstellungen. „Diese Grafiken können wir drucken, um Blinden und Sehbehinderten die Möglichkeit zu geben, die Informationen für alle sicht- und tastbar zu machen“, sagt Laura Evers, die ursprünglich aus dem Rheinland stammt. Dass aus der Idee tatsächlich eine Unternehmensgründung wird, hätten die drei damals nicht gedacht. „Das kam doch für uns etwas überraschend“, erinnern sich die TacPic-Gründer. Die Hochschule Magdeburg-Stendal begleitet die innovative Idee, unterstützt auch organisatorisch. Mit dem Blindenverein „Blickpunkt Auge e.V.“ in Magdeburg arbeiten Evers, Förschler und Wlcek ebenfalls zusammen.

Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Online-Plattform mit dem Editor für die Grafiken. Die Anwendung begleitet die Nutzer bei der Umsetzung und berücksichtigt auch die Erfordernisse des Drucks, Linien müssen zum Beispiel in einem bestimmen Abstand voneinander stehen. Die Grafikdateien enthalten am Ende der Bearbeitungen zwei Ebenen: eine für die sichtbare Grafik, eine für das Relief, welches die besagte Grafik fühlbar macht. Wlcek erklärt: „Wir sind gerade dabei, unsere Plattform zu optimieren. Besonders wollen wir sicherstellen, dass die Qualität der Grafiken stimmt, damit am Ende auch die tastbaren Karten oder Diagramme ein echtes Erlebnis sind.“ Bildungseinrichtungen und Privatpersonen wollen die drei Projektentwickler mit Lehr- und Anschauungsmaterial versorgen.
Dass Magdeburg sich um den Titel der Kulturhauptstadt Europas 2025 bewirbt, finden Evers, Förschler und Wlcek großartig. „Die Stadt hat so viel zu bieten und muss sich wirklich nicht vor anderen Städten verstecken, was die Kulturlandschaft angeht, es wird mit Sicherheit gelingen.“

TacPic / Hochschule Magdeburg-Stendal


Laura Evers, Florentin Förschler, Robert Wlcek