Zum dreizehnten Mal werden zum Beginn des neuen Schuljahres 2019/2020 die KULTURschultüten verteilt. Als eingetragene Marke sind die bunten Beutel auch in Deutschland gefragt.
„Kultur ist wie Sport. Man muss sie trainieren“, sagt Thomas Kluger. Es sei nicht zu erwarten, dass Kinder und Jugendliche mit 14 oder 16 Jahren ins Theater gehen oder eine Lesung besuchen, wenn sie zuvor kaum in Kontakt mit den kulturellen Angeboten in Magdeburg gekommen seien. Dem Vorsitzenden der Magdeburgischen Gesellschaft von 1990 zur Förderung der Künste, Wissenschaften und Gewerbe e.V. ist es eine Herzensangelegenheit, sich für den Zugang zur vielfältigen Kultur schon in der Grundschule stark zu machen.
Mit dem Projekt KULTURschultüte seit 2007 engagieren sich die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder in Magdeburg. Waren es anfangs etwa 1.000 bunte Beutel mit Gutscheinen für verschiedene Kultureinrichtungen, werden 2019 zur dreizehnten Auflage mehr als 3.400 Tüten gepackt und zum Beginn des Schuljahres an alle Magdeburger Grund- und Förderschulen gefahren. Damals wie heute ist das ein organisatorisches Kunststück. Kluger rechnet vor: „Bei etwa 20 bis 30 Gutscheinen pro Tüte sind das mehr als 100.000 Einzelteile, die unsere Helferinnen und Helfer verpacken. Wichtig ist es uns, dass wir jede Schule auch selbst beliefern.“ Aus dem persönlichen Kontakt erfahren die Vereinsmitglieder nicht nur wertvolle Anregungen und Wünsche für die Folgejahre, sondern immer mehr Akzeptanz für dieses bundesweit einmalige und wichtige Projekt. Einige Schulen erwarten die Lieferung schon sehnsüchtig, denn oft seien die Mittel für Schulexkursionen stark begrenzt.
In den Magdeburger Tüten stecken Gutscheine für Besuche unter anderem für das Theater Magdeburg, das Konservatorium, den Zoo, das Puppentheater, die Jugendkunstschule, den Elbauenpark oder die Stadtbibliothek. Die Liste der Unterstützer wird jedes Jahr länger. Rechne man alle eingeworbenen Gutscheine zusammen, haben Kluger und sein Team in den vergangenen Jahren mehr als drei Millionen Euro Kulturförderungen gesammelt. Mittlerweile ist die KULTURschultüte sogar als Marke eingetragen. Andere deutsche Großstädte haben Interesse an einer Zusammenarbeit. Die Schultüte ist bereits heute ein wahrer Exportschlager. „Wir verteilen bis nach Wolmirstedt, da einer unserer Hauptsponsoren auch das Umland fördern möchte. Damit haben wir die politische Stadt-Land-Diskussion mit unserer ehrenamtlichen Arbeit längst überholt. Das Umland darf nicht von der Kultur in der Landeshauptstadt abgehängt werden und umgekehrt kommen die Gäste auch in die Magdeburger Einrichtungen“, erklärt Thomas Kluger.
Das zentrale Herzstück ist ein Mal- und Lesebuch zu Magdeburger Kulturdenkmalen vom Jahrtausendturm bis zum Kulturhistorischen Museum. Die jungen Leserinnen und Leser sollen spielerisch Lust bekommen, sich mit der Kultur ihrer Heimatstadt zu beschäftigen. Gleichzeitig will der Verein die Lesefähigkeit und Lesebegeisterung auch im digitalen Zeitalter stärken und eines seiner wichtigsten Ziele fördern.
Besonders freut es den Vereinsvorsitzenden, dass sich das Projekt nach einem einstimmigen Stadtratsbeschluss im Jahr 2007 bis heute großer Resonanz auch im politischen Raum erfreut und das ehrenamtliche Engagement in der Zivilgesellschaft geschätzt wird. Die Vereinsarbeit ist seit ihren Anfängen von einem bürgerschaftlichen Selbstbewusstsein geprägt, unabhängig von politischen Parteien und Strömungen. Die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 zur Förderung der Künste, Wissenschaften und Gewerbe e.V. gründete sich im März 1990 in dem Bewusstsein, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst etwas machen müssen. „Wir sind jedoch kein Geschichts- oder Kulturverein, doch unser Name ist Programm. Ohne Wissenschaften kein Gewerbe, ohne Gewerbe kein Kunstmäzenatentum.“ Der Verein ist von ehemals 16 Mitgliedern auf heute 130 Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewachsen. Zur Vereinsarbeit gehört alle zwei Jahre auch die Verleihung der August-Wilhelm-Franke-Medaille, benannt nach einem der Magdeburger Oberbürgermeister.
Auch zur Bewerbung Magdeburgs als Kulturhauptstadt Europas 2025 leistet der Verein gern einen Beitrag. „Alles, was uns für die Kulturhauptstadt prädestiniert, unterstützen wir. Seit zwei Jahren lassen wir für die KULTURschultüte die Hinweise für Lehrer und Eltern auch ins Arabische übersetzen. Wir reagieren auf die Entwicklung in der Stadt und geben Starthilfe für die internationale Berührung und Integration in Magdeburg“, so Thomas Kluger.