Ein Team um den Computervisualisten, Professor Bernhard Preim setzt in jahrelanger Kleinarbeit ein Epitaph im Dom wieder zusammen, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Das Epitaph der Familie von Arnstedt ist ein Jahrhunderte altes Grabmal im Dom, das bei einem Bombenangriff zum Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Auf alten Fotografien lässt sich die ganze Kunstfertigkeit und Pracht erkennen, Professor Bernhard Preim, Dr. Patrick Saalfeld und Dr. Fabian Klink von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wollen dies gemeinsam mit dem Domförderverein wiederherstellen. Aus den mehr als 200 geborgenen Bruchstücken wollen sie das Grabmonument des Domherrn Friedrich von Arnstedt und seiner Familie zusammensetzen. Bereits seit Herbst 2018 arbeiten die Wissenschaftler daran, das überdimensionale Puzzle wieder zusammenzusetzen. „Wir wollen nicht nur die Bruchstücke tatsächlich wieder zusammenfügen, sondern auch gleich noch ein virtuelles Modell erstellen, damit wir auch die Geschichte der Rekonstruktion erzählen können“, sagt Bernhard Preim.
Dazu haben die Wissenschaftler in den vergangenen Monaten mit enormem Aufwand bereits die vorhandenen Teile gescannt, also in dreidimensionalen Abbildern digitalisiert, auch die Teile im Dom gescannt, die sich dort noch an der Wand befinden. Teilweise bis in vier Meter Höhe mussten die Scanner gebracht werden. Im Frühjahr haben sie die Daten der Scans an das Team übergeben, das die Teile erst einmal virtuell zusammenbaut. Die Idee einer automatisierten Zusammensetzung zerschlug sich schnell, weil immer noch diverse Teile fehlen. Preim erklärt: „Einige sind sicherlich bei besagtem Bombenangriff pulverisiert worden, andere anderweitig verschwunden.“ Man wisse nicht ganz genau, wohin die Reise gehen solle in Sachen Modell, denn das Epitaph ist ein Unikat, einen Bauplan gibt es nicht. Jedes einzelne Bruchstück müsse betrachtet und dann an die passende Stelle gesetzt werden, so Preim weiter: „Das Bild eines großen Puzzles trifft schon ganz gut, was wir machen.“ Bis Ende September 2019 arbeitet Dr. Fabian Klink vom Institut für Maschinenkonstruktion ein Studententeam um Dr. Patrick Saalfeld am Zusammensetzen des virtuellen Epitaphs. Ob das Projekt bis dahin abgeschlossen sein wird, kann Preim nicht mit Sicherheit sagen. „Wir haben aber auch keinen echten Zeitdruck. Den Zeitaufwand haben wir im Vorfeld auf drei bis fünf Jahre geschätzt, und das scheint durchaus realistisch“, schätzt er ein. Dazu kommt noch, dass das Projekt auf Spenden angewiesen und nicht fremdfinanziert ist. Der Domförderverein wirbt bereits auf seiner Internetseite um Spenden für die Zusammensetzung des Grabmals.
Eine Frage müssen die Wissenschaftler noch klären: Was passiert mit den Teilen, die fehlen? Preim sagt: „Da überlegen wir noch, ob diese durch die klassische Arbeit eines Steinmetzes oder einen innovativen 3D-Druck ersetzt werden können.“ Einen Algorithmus für die Puzzlearbeit gibt es nicht, das Programm haben die Wissenschaftler der Universität selbst entwickelt. Bleibt noch die Frage: Warum der Aufwand? Bernhard Preim antwortet: „Wir wollten einfach die Verbindung zwischen Dom und Uni intensivieren und mehr regional wirken. Die Stadt Magdeburg selbst setzt sich stark für die Universität ein – wenn wir so die Gelegenheit haben, etwas zurückzugeben, dann wollen wir das gern tun.“ Ganz uneigennützig ist das Engagement natürlich nicht nur: „Na klar wollen wir auch, dass darüber berichtet und geredet wird. Das dient ja auch der Transparenz, dass wir zeigen können was wir eigentlich alles machen.“ So könne man Wissenschaft populärer und anfassbarer machen, ergänzt Patrick Saalfeld.
Die Bewerbung Magdeburgs um den Titel der Kulturhauptstadt Europas 2025 unterstützt und begrüßt Bernhard Preim ausdrücklich. „Kulturelle Veranstaltungen sind immer ein Gewinn für die Stadt, und vielleicht könnte man auch mal ein Festival anstoßen“; meint er mit Blick auf die jüngeren Kollegen an der Universität.
Für die Zukunft wünscht sich Preim, dass die Studentenzahlen stabil bleiben an der Universität. Knapp ein Viertel der Studierenden kommen aus anderen Kulturkreisen, eine gute Integration in die Stadt wünscht er sich für sie: „Wir alle können eine Stütze für den Wissenschaftsstandort sein.“