Die Städtebau-Geschichte der Ottostadt ist eng verknüpft mit der Wohnungsgenossenschaft „Post und Energie“ eG. Sie wird 1956 als Arbeiterwohnungsgenossenschaft (AWG) „Deutsche Post“ aus der Taufe gehoben – hat als Basis die Eigeninitiative potenzieller Mieter, die bauen möchten. Sie lassen aus einer Vision die Gemeinschaft entstehen, legen das Fundament für eine Erfolgsgeschichte, die in der Ottostadt bis heute Spuren hinterlässt.
Zur Philosophie gehört von Beginn an die Nachhaltigkeit. Die ersten Häuser werden aus Abbruchsteinen geschaffen, die nach dem Zweiten Weltkrieg liegengeblieben waren. „Die sind heute noch gut verbaut“, weiß Hartmut Voigt. Der Vorstand steht dafür, was ebenfalls zu den Leitgedanken gehört: „Wir sind in erster Linie unseren Mitgliedern verpflichtet“, sagt er, „und diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst“. Der Gemeinsinn zählt, das ist schon immer so gewesen. Im Jahr 1974 entsteht durch einen Zusammenschluss mit der AWG „Starkstrom Anlagenbau“ die Genossenschaft, die vielen Magdeburgerinnen und Magdeburgern ein Zuhause bietet.
Rund 3.000 Wohnungen – verteilt auf die Stadtgebiete Alte Neustadt, Altstadt, Neu Olvenstedt, Neue Neustadt, Neustädter Feld, Neustädter See, Stadtfeld Ost und West sowie Sudenburg – gehören zum Bestand. Dazu kommen Gewerbeeinheiten, Garagen und Stellplätze. In „Olvenstedt“ ist die Genossenschaft der „Platzhirsch“, weiß Lars Schwenker.
Das hat viel damit zu tun, dass man hier immer an den Stadtteil geglaubt hat. Das Vorzeige-Areal zu DDR-Zeiten wird nach der Wende schnell als schmuddelige Plattenbausiedlung abgetan. Lars Schwenker sagt: „Wir dagegen haben immer das Potenzial von Olvenstedt gesehen“. Sie gestalten aktiv die Transformation, nutzen den Bestand, frischen auf – nachhaltig. „Wir haben nichts husch, husch gemacht“, so Hartmut Voigt. „Wir wollten es lieber richtig umsetzen.“ Das scheint funktioniert zu haben. Die meisten Wohnungen sind vermietet, das Quartier hat das Schmuddel-Image längst abgelegt.
Auch in der Große Diesdorfer Straße steht ein Leuchtturm-Projekt, das beweist, dass es die Wohnungsgenossenschaft ernst meint, wenn sie nachhaltig handeln möchte. Auf dieses Haus wurde vor Kurzem eine komplette neue Wohn-Etage aufgesetzt – ohne, dass auch nur ein Mieter ausgezogen wäre. Ein Novum. „Viele haben ungläubig geschaut, als wir das gemacht haben“, erinnert sich Hartmut Voigt. Die Mieter honorieren solche Transformationen mit Treue – viele wohnen seit Jahren, sogar Jahrzehnten in ihren vier Wänden. Lars Schwenker sagt: „Solche Beispiele zeigen, dass es sehr gut möglich ist, aus etwas Vorhandenem etwas gutes Neues zu schaffen.“ Das würden die Mieter in der Stormstraße wohl unterschreiben: Hier in Stadtfeld Ost verwandelte die Genossenschaft in der Vergangenheit einen langgezogenen unschönen Plattenbau aus den 70er-Jahren zu einem Hingucker mit Wohlfühl-Charakter. Ähnliches passierte im Neustädter Feld, wo ein Block komplett umgebaut und mit Eckbalkonen versehen wurde. „Die Mieter dort haben eine fantastische Sicht“, weiß Lars Schwenker.
Der Vorstand weiß auch, dass solche großen Projekte Zeit brauchen. „Wir packen das vernünftig an, agieren bodenständig“, sagt er. Und: „Wir vergessen unsere Wurzeln nicht.“ Das nächste „Hingucker-Vorhaben“ wird genauso gut geplant und nachhaltig umgesetzt, wie alle seine Vorgänger. In naher Zukunft soll in der Innenstadt ein Wohnhaus mit einem Neubau ergänzt werden, so Hartmut Voigt. Dieses Gebäude erhält sieben Etagen. Die Planungen laufen – auch für weitere Vorhaben. „Gesund zu wachsen“ und „den Mitgliedern etwas Neues zu bieten“, steht auf dem Plan für die nächsten Jahre. Dazu gehört, kleinteilige Wohnanlagen oder besondere Wohnformen zu schaffen.
Beide Vorstände sind davon angetan, sagen sie, wenn sie durch die Stadt gehen und sehen, was die Genossenschaft umgesetzt hat. Und was sich in der Stadt getan hat. „Magdeburg hat sich positiv entwickelt“, sagt Hartmut Voigt. Das zeige sich oft, wenn Besuch anreist und staunend vor Sehenswürdigkeiten steht oder an der Elbe flaniert. „Dass das Zentrum und der Fluss so aufgewertet worden sind, gehört zu den Meilensteinen“, sagt Lars Schwenker. Und mit Meilensteinen in der städtebaulichen Geschichte Magdeburgs kennt man sich ja hier bestens aus.
Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg