Prof. Dr. Julia Arlinghaus kann bald ein kleines Jubiläum feiern. Vor fünf Jahren hat sie die Weichen neu gestellt und ist mit ihrer Familie in Magdeburg angekommen. Die renommierte Wissenschaftlerin folgte gleich zweifach einem Ruf: Sie übernahm die Leitung des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF und den Lehrstuhl für Produktionssysteme und -automatisierung an der Otto-von-Guericke-Universität. Ein leichter Start war das nicht. Die Corona-Pandemie hatte die Welt im Griff. Das Leben war eingeschränkt, die Wirtschaft teilweise ausgehebelt. Für das Fraunhofer IFF eine Herausforderung – und zugleich eine wichtige Zeit. „In der Krise wurde schnell deutlich, dass wir mit unseren Forschungen und Technologien helfen können“, erinnert sich die Professorin.
Fortschritt und Wandel mitzugestalten, dass verkörpert die Wissenschaftlerin, die sich schon mit Risikomanagement und Lieferketten auseinandergesetzt hat, als viele das noch nicht auf dem Schirm hatten. Die Krisen der vergangenen Jahre zeigen, dass sie damit richtiglag. Die frischgebackene Institutsleiterin wurde zur gefragten Expertin auf diesem Gebiet. „Damit konnten wir auch am Institut neue Themen nach vorn bringen“, sagt sie. Diese stehen auch weiterhin im Fokus. So wie bei einem aktuellen Projekt, bei dem es um die Lieferketten in der Halbleiter-Industrie geht – wie man sie sicher, resilient und effizient machen kann. „In diesen Richtungen tut sich in der Forschung gerade sehr viel, und wir begleiten das mit neuer Methodik“, sagt Julia Arlinghaus.
Als Ort ständiger Transformation hat das Fraunhofer IFF trotzdem eine beständige Basis: „Wir sind dafür bekannt, sofort nach Lösungen zu suchen – und zu finden. Wir entwickeln Technologien und Prozesse, die Unternehmen dabei helfen, den Schritt in die digitale, vernetzte und smarte Arbeitswelt zu machen.“
76 Institute zählt die Fraunhofer-Gesellschaft, eine der weltweit führenden Organisationen anwendungsorientierter Forschung. Die Leiterin des Magdeburger Standortes ist von der Einzigartigkeit des hiesigen Instituts überzeugt. „Unser IFF ist moderner denn je, sucht bei drängenden Themen wie Digitalisierung, Elektromobilität und Fachkräftemangel nach Antworten. Wir setzen uns unter anderem mit digitalen Zwillingen und Künstlicher Intelligenz auseinander“, so Prof. Dr. Arlinghaus. „Am Puls der Zeit zu sein steckt in unserer DNA, das ist unsere tägliche Arbeit.“ Das ist weit über die Stadt- und Ländergrenzen hinaus bekannt. Allein der „Elbedome“ hatte bereits eine Strahlkraft entwickelt, die internationale Gäste anlockte. Sie wollten erleben, wie im IFF-eigenen Mixed-Reality-Labor konkrete Forschungsprojekte zur Industrie 4.0 umgesetzt werden.
Mit der Neueröffnung der Elbfabrik im letzten Jahr wurde der Elbedome in das Konzept der Forschungs- und Demonstrationsfabrik integriert. Das Fraunhofer IFF zeigt in der Elbfabrik sein Leistungsportfolio mit dem systemischen Blick auf die Fabrik. „Dort verschmelzen die Grenzen zwischen virtueller Produktentwicklung und realen Produktionsprozessen“, sagt die Institutsleiterin. Das macht aus der Forschungs- und Experimentierstätte zugleich eine Kooperationsplattform für Partner und Unternehmen – und zum Anschauungsobjekt für Besuchergruppen. Für die Professorin ist es „nur folgerichtig“, dass solche Einrichtungen in der Ottostadt entstehen. Sie sagt: „Die Wissenschaftslandschaft hat sich hier sehr dynamisch entwickelt.“ Dazu gehöre, dass die Uni flexibel darauf reagiere, was im Umfeld passiert. Ablesbar sei das unter anderem an neuen Studiengängen wie die für die Halbleiter-Industrie oder solche wie Nachhaltigkeitsmanagement und Biomedical Engineering.
Auf der Haben-Seite für innovative Transformationen in Wissenschaft und Forschung kann Magdeburg nach Ansicht von Prof. Dr. Julia Arlinghaus noch ein weiteres Argument verbuchen: „Hier gibt es ein Wir-Gefühl, wenn Dinge angestoßen werden sollen. Das ist ein guter Boden, um etwas zu bewegen.“ Die Institutsleiterin vergleicht die Situation in Magdeburg mit einer Achterbahn: „Wir sitzen im Wagen ganz oben kopfüber und warten, dass es beginnt. Wir wissen, dass es eine schnelle Fahrt wird und es nur eine Richtung gibt – nach vorne.“
Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg