Transformation und Migration ist ein wichtiges Thema in Deutschland und Europa. Und ein Studiengang zu Angewandten Kindheitswissenschaften, der einen besonderen Fokus auf Kinderrechte legt und dessen Inhalte nicht nur für migrierte Kinder und Jugendliche wichtig sind, ist in Deutschland einmalig.

In Griechenland geboren, hat Sevasti Trubeta die letzten Jahre als Studentin in der DDR miterlebt, den Prozess der Transformation aus erster Hand erfahren. Sie weiß, wie herausfordernd und zugleich inspirierend es anfangs ist, sich in einem neuen Land zurechtzufinden, in einer fremden Sprache zu lernen und zu leben. Wie schwierig muss das erst für ein Kind sein, dass vielleicht nach einer traumatischen Flucht aus Krieg und Not nun nach einer Zukunft sucht?

Doch nicht nur geflüchtete und migrierte Kinder sind Zielgruppe dieses internationalen Studiengangs, denn auch Lehrende, pädagogische Fachkräfte, Mitarbeitende in Kinder- und Jugendeinrichtungen, in Jugendämtern, in internationalen Hilfsorganisationen, beim Sozialamt, oder Menschen, die im Zivilrecht Entscheidungen treffen, müssen sich in Fragen der Kinderrechte auskennen. „Kinder sind autonome, handelnde Subjekte, die Mitspracherechte haben, die es zu beachten gilt, und das nicht nur für den frühkindlichen Bereich, sondern auch für Jugendliche“, erklärt Professorin Trubeta. Allzu oft entscheiden Erwachsene für Kinder und beschneiden so deren Rechte.

Seit 2018 arbeitet die Soziologin und Migrationsforscherin an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Zuvor war sie an Universitäten bundesweit sowie im Ausland zum Thema Migration wissenschaftlich tätig. Den Studiengang Kindheitswissenschaften gibt es an der Hochschule bereits seit 2005. Als Sevasti Trubeta erfuhr, dass eine Professur am Standort Stendal der Hochschule Magdeburg-Stendal vakant war, hat sie sich kurzerhand darauf beworben. Seitdem gehört sie, wie sie lachend erzählt, zur Familie der Kindheitswissenschaften.

Natürlich wird die Wissenschaftlerin immer wieder zur Einschätzung der aktuellen Migrationssituation befragt. Sie fasst den Kern dieser Thematik aber viel weiter, hat in den letzten Jahren der DDR persönlich erlebt, wie Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter aus Mosambik, aus Ungarn oder Vietnam nicht mit dem Ziel der Integration, sondern eher abgeschottet im östlichen Teil Deutschlands lebten. Einige davon sind hier bis heute zu Hause und heimisch geworden. Sie kann auch mit den Begriffen „Ossi“ und „Wessi“ nichts anfangen. Sie verweist auf eine Ausstellung im Magdeburger Technikmuseum im Jahre 2023, von der ihr noch eine Aussage in Erinnerung ist. „Ein Mann aus Mosambik, der als Vertragsarbeiter in der DDR lebte, musste nach 1989 für eine Zeit nach Hause, und als er zurückkam, waren aus den Ossis Wessis geworden. Er selbst betrachtete sich aber weiterhin als „Ossi““.

Die engagierte Professorin sieht Transformation in der Gesellschaft noch aus einem anderen Blickwinkel. „Viele Menschen sind nach der Wende vom Osten in die westlichen Bundesländer gegangen, um ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse zu verbessern. Zugleich gibt es nach wie vor eine Arbeitsmigration innerhalb der Europäischen Union. Menschen aus weniger reichen europäischen Ländern leben in Deutschland und in Sachsen-Anhalt mitunter in durchaus prekären Verhältnissen.“ Und sie formuliert auch gleich das Ziel, das sich daraus ableitet. Es geht ihr um eine Symbiose auf der Grundlage der Solidarität, nicht um Wohltätigkeit, sondern ein solidarisches Zusammenleben aller auf Augenhöhe.

Sevasti Trubeta weiß, dass dies ohne erhebliche finanzielle Aufwendungen nicht möglich ist. Die Anstrengungen sind aber nach ihrer Überzeugung unbedingt erforderlich, wenn die gesellschaftliche Entwicklung und die Wahrung der Menschenrechte das Ziel ist. Eine Prognose, wohin sich die Gesellschaft entwickeln werde, will sie noch nicht geben. Das wisse nun einmal niemand. Ganz sicher ist sie sich, dass man den Tendenzen einer Ausbreitung rechter Kräfte auf keinen Fall nachgeben dürfe. „Das ist eine Herausforderung, der sich jeder Einzelne im Sinne der Demokratie stellen muss. Da dürfen wir nicht nachlassen, schon gar nicht aufgeben.“

Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg

„Ausbreitung rechter Kräfte … Nein! Da dürfen wir nicht nachlassen…“


Sevasti Trubeta ist Professorin für „Kindheit und Migration“ und leitet den Studiengang Angewandte Kindheitswissenschaften an der Hochschule Magdeburg-Stendal.

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