André Rummel: Nein, ich habe noch alles genau vor Augen. Ich erinnere mich an eine herausfordernde Zeit, die so viel Neues brachte – auch für mich persönlich. Ich hatte 1989 mit dem Studium begonnen, also noch unter DDR-Bedingungen. Als die Wende kam, veränderte sich alles, und es setzte ein enormes Tempo ein. In den folgenden Jahren verlief sicher nicht alles richtig, dennoch hat uns dieser gesellschaftliche Umbruch ermöglicht, freiheitlich, selbstbestimmt und demokratisch zu arbeiten und zu leben. Insgesamt betrachtet, ist das ein großes Geschenk der Geschichte.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung Magdeburgs nach der Wende?
Als ich noch ein kleiner Steppke war, haben wir oft meine Ururoma Albertine Rummel in Sudenburg besucht. Ich kenne die Stadt also bereits sehr lange, obwohl ich hier nicht aufgewachsen bin. Wenn ich die Erinnerungen von damals mit der heutigen Zeit vergleiche, ist eine riesige Entwicklung zu verzeichnen, und zwar städtebaulich, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Und auch die Menschen hier haben sich verändert. Magdeburg ist über die Jahrzehnte eine weltoffene und internationale Stadt geworden.
Sie sind seit zwei Jahren Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer und begleiten bereits seit vielen Jahren in der IHK die Wirtschaft der Region. Kurz zusammengefasst: Was hat sich hier getan?
Die Wirtschaft hat sich nach der Wende rasant gewandelt. Aus der Stadt des Schwermaschinenbaus ist ein Wirtschaftsstandort mit einer vielfältigen Wirtschaftsstruktur geworden, die ihre Wurzeln jedoch nicht vergessen hat und den Maschinen- und Anlagenbau noch im Herzen trägt. Die Industrie ist und bleibt die DNA der Stadt. Hinzu kommt, dass sich um die industriellen Kerne weitere Branchen herausgebildet haben, so u.a. im Bereich der Dienstleistungs- und Handelsbranche, der Logistikwirtschaft, der Kultur- und Kreativwirtschaft, der Tourismuswirtschaft, der Gesundheitswirtschaft, der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Kreislaufwirtschaft und Umwelttechnologie. Magdeburgs Wirtschaft ist klein- und mittelständisch geprägt, flexibel und innovativ. Die sehr guten Standortbedingungen sind eine gute Basis für weitere Impulse.
Welche Transformation wird der Stadt die Intel-Ansiedlung bringen?
Mit Intel kommt eine neue Schwerpunkt-Branche in die Stadt und in die Region. Die einzig richtige Antwort auf die Frage, was sich ändern wird, lautet: einfach alles. Das Stadtbild, die Wirtschaftsstruktur. Magdeburg wird auch internationaler. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Stadt und Region Magdeburg so einen Impuls gerade jetzt braucht, um die nächsten Entwicklungsschritte zu gehen. Die Entwicklung eines Halbleiter-Clusters mit den modernsten Chips der Welt in Magdeburg macht uns auch zukunftsfester. Gemeinsam mit den Halbleiterstandorten in Dresden werden wir in Ostdeutschland Vorreiter in einer Schlüsseltechnologie. Die Herausforderungen sind dabei groß, aber wir sollten mutig die Chancen nutzen, ganz getreu dem Motto: „Nichts ist so beständig wie die Veränderung“.
Sie zitieren den Spruch von Heraklit, der damit die Agilität beschreibt. Ist es das, was wir auch künftig brauchen – die Fähigkeit, in einer ändernden, dynamischen Umwelt schnell, flexibel und anpassungsfähig zu sein?
Die Lebensweisheit des griechischen Philosophen begleitet mich schon mein ganzes Leben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch künftig vielen Veränderungen begegnen. Nur wenn wir diese Lebensumstände meistern, kommen wir überall voran – auch in der Wirtschaft.
Sie haben schon mehrfach das Thema Internationalisierung angesprochen. Die IHK Magdeburg hat bereits zu Zeiten, als hierzulande noch niemand an Intel dachte, gefordert, Englisch zur zweiten Amtssprache zu machen. Ist beides für Sie unabdingbar, wenn es um die angesprochene Agilität geht?
Ja, da gibt es einen Zusammenhang. Beides kommt, da bin ich überzeugt. Die Intel-Ansiedlung und auch weitere Ansiedlungen in Sachsen-Anhalt werden uns dabei schneller voranbringen, als wir es uns jetzt vielleicht vorstellen können.
Wie wird sich Magdeburg als Wirtschaftsstandort weiterentwickeln?
Wirtschaftlich wird die Landeshauptstadt Magdeburg weiter an Stabilität gewinnen. Die Unternehmen, die hier seit Jahrzehnten gute Arbeit leisten und Verantwortung für die Gesellschaft und die Wirtschaft tragen, werden Magdeburg nachhaltig Profil als attraktiven Wirtschaftsstandort geben. Künftige Neuansiedlungen und natürlich auch die Ankerinvestition Intel mit der Entwicklung im Hightech-Park stützen diesen Prozess. Optimale Verkehrsanbindungen, bestens entwickelte Gewerbeflächen und Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, dies sind einige Beispiele von vielen für den Investitionsstandort Magdeburg. Die Anbindungsqualität wird durch die Fertigstellung des Lückenschlusses der A 14 Magdeburg-Schwerin zudem weiter erhöht.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass sich die Stadt und Region Magdeburg als ein attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum sieht und weiterentwickelt. Künftige Herausforderungen sollten wir annehmen und gemeinsam gestalten, denn „nichts ist so beständig wie die Veränderung“. Die Menschen und Unternehmen haben im Laufe der Geschichte bereits gezeigt, das Transformation gelingt. Diese Erfahrungen müssen wir selbstbewusst in die Zukunft führen. Insofern wünsche ich mir, dass „Otto ist/kann Transformation“ unseren Zeitgeist bestimmt.
Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg