Die Magdeburger Stadtbibliothek begeht 2025 ihr 500-jähriges Jubiläum. Diese lange Geschichte ist auch eine Geschichte von Transformationen:

„Die Wurzeln der Magdeburger Stadtbibliothek sind unmittelbar mit der Reformation verbunden“, erzählt Cornelia Poenicke, Leiterin des Hauses. Entstanden ist die städtische Bibliothek 1525, als das Augustinerkloster aufgelöst wurde und die Mönche den umfangreichen Buchbestand an den Rat der Alten Stadt übergaben. „Das war der Gründungsmoment der heutigen Stadtbibliothek. Die Übergabe der Bücher und damit des Bildungsmonopols in weltliche Hände war für die damalige Zeit revolutionär.“ Bis zur Reformation lag das Bildungsmonopol bei der Kirche. „Luther jedoch war Volksbildung besonders wichtig, er gab den Impuls für die Errichtung öffentlicher Bibliotheken.“

Ende des 19. Jahrhunderts gibt es eine zweite Gründungswelle. Vielerorts entstehen Volksbüchereien und Bücherhallen. Mit dem Erstarken der Arbeiterklasse wird deutlich, dass Bibliotheken gute Orte sind, um breiteren Schichten den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. In Magdeburg entstehen zu dieser Zeit Volksbäder mit angeschlossenen Leihbüchereien, die teilweise bis heute erhalten sind.

1934 profitiert die Stadtbibliothek von der erzwungenen Auflösung der traditionsreichen Freimaurerloge "Ferdinand zur Glückseligkeit". Fortan bezieht die Stadtbibliothek das bis dahin für Zusammenkünfte, Feste und Konzerte genutzte Logenhaus, das den Magdeburgern aus DDR-Zeiten als Weitling-Bibliothek in Erinnerung ist. Das Logenhaus geht nach der Wende zurück an die ursprünglichen Eigentümer. Als die Bibliothek deshalb 1999 in das ehemalige Kaufhaus Brenninkmeyer am nördlichen Ende des Breiten Weges zieht, bekommt Magdeburg zum ersten Mal eine Zentralbibliothek, die diesen Namen verdient.

„Bibliotheken durchlebten immer Phasen relativer Konstanz und Phasen schneller und tiefgreifender Veränderungen. Gerade erleben wir umfassende Transformationen, weil sich die Kommunikations- und Mediennutzungsgewohnheiten mit dem Internet grundlegend ändern und Bibliotheken ihren Platz in der digitalen Gesellschaft erst finden mussten“, verdeutlicht die Bibliotheksleiterin den Wandel. „1990 war Papier das dominierende Medium in Bibliotheken.“ Daneben gab es Schallplatten und Musikkassetten. Nach der Wende kamen Videokassetten hinzu, die schon wieder aus dem Bestand verschwunden sind. Auch CDs und DVDs sind langsam Auslaufmodelle. Dafür gibt es ein breites Angebot an analogen Spielen, die sehr intensiv – auch vor Ort – genutzt werden. Aktuell wächst der Anteil hybrider und virtueller Medien. Gedruckte Bücher dominieren noch immer, doch e-Medien erreichen mittlerweile 10 bis 15 % der Entleihungen.

Aber nicht nur der Bestand verändert sich. Mit den digitalen Möglichkeiten wird die Stärkung von Lese- und Medienkompetenz wichtiger. Das beginnt mit Vorleseformaten für die Kleinsten, Trickfilmwerkstatt und Games-Club für Schulkinder und reicht bis zu Onleihe-Sprechstunden und Social-Media-Stammtischen für Senioren.

Bei der Ausrichtung der Bibliotheken sieht Cornelia Poenicke zwei dominierende Philosophien: „Die Einen setzen auf den Ausbau des Verleihmodells (Bibliothek der Dinge), die Anderen auf die Schärfung des Profils als Lernort.“ Bibliotheken sind das älteste Sharing-Modell der Welt. Warum also nicht neben Medien auch andere Dinge verleihen? Magdeburgs Stadtbibliothek hat sich dagegen stärker als Bildungseinrichtung profiliert und Angebote zur Förderung von Lese- und Medienkompetenz, zur Integration von Menschen aus anderen Kulturen und zur politischen Bildung ausgebaut.

Längst sind Bibliotheken Orte für Menschen. Hier kann man – allein oder mit anderen - lesen, lernen, spielen, experimentieren, arbeiten, diskutieren oder auch chillen, Musik hören, sich entspannen. Ein Blick in andere Länder zeigt: Dieser Trend wird anhalten. (Mit dem Aufkommen des Internets gab es Skeptiker, die den Untergang der Bibliotheken prophezeiten.  Und für die Bibliotheken war es in der Tat ein Kraftakt, ihren Platz in der digitalen Gesellschaft zu finden.) Weniger (gedruckte) Bücher – mehr Menschen – das ist – nicht nur in Magdeburg – ein erfolgreicher und zukunftsweisender Weg: die Bibliothek als Ort für Kultur und Bildung mitten im Zentrum der Stadt. Und im Mittelpunkt der Mensch!

Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg

Transformation in der Bibliothek - Auf dem Weg zu einem Bildungs- und Kulturzentrum

Bibliotheken sind nicht mehr nur Orte der Ruhe, sondern lebendige Plätze des Miteinanders und Ausprobierens.


Dr. Cornelia Poenicke, Direktorin Stadtbibliothek Magdeburg

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