Die Grüne Zitadelle von Magdeburg gehört zur Ottostadt wie der Dom und die Elbe. Das rosafarbene Haus mit den Golden Kugeln auf dem Dach ist heute eine der markanten Sehenswürdigkeiten in der Ottostadt. Dass nach der Wende, nur einen Katzensprung von der berühmten Kathedrale Otto des Großen entfernt, ein Hundertwasser-Haus gewachsen ist, hat das Herz der City nachhaltig geprägt.
Den Impuls für das heutige Besuchermagnet verdankt die Ottostadt dem Engagement der Wohnungsbaugenossenschaft „Stadt Magdeburg von 1954“ eG (WBG 1954). Sylke Lamontain blickt in die Nachwende-Zeit zurück: „Der Verband der Wohnungsgenossenschaften hatte einen Malwettbewerb mit der Frage ausgeschrieben, wie Kinder in der Zukunft wohnen möchten.“ Es war Rolf Opitz, der auf die vielen bunten Zeichnungen blickte und konstatierte: „Die Kinder möchten wohnen wie bei Hundertwasser.“ Dieser Gedanke ließ den damaligen Vorstand der WBG 1954 nicht mehr los. „Unsere Genossenschaft hatte einen fünfstöckigen Plattenbau im Auge, fragte mit Blick auf eine von Hundertwasser gestaltete Schule in Wittenberg an, ob ein Umbau möglich wäre“, berichtet Sylke Lamontain. Doch der Meister winkte ab. Plattenbau, Beton, Stahl, das war nicht die Welt des Freigeistes. Die Schule sei eine absolute Ausnahme gewesen, ließ man mitteilen – und Ende.
„Zum Glück ließ sich die WBG damals nicht so schnell abwimmeln“, sagt die Vorstandsvorsitzende. Die Köpfe rauchten und als Idee kam heraus, dem österreichischen Künstler und Architekten den attraktiven Standort am Breiten Weg für einen Neubau anzubieten. „Alle legten sich damals ins Zeug, haben sogar eine Publikation über die einstige Bedeutung des Breiten Weges als Barockmeile erstellt“, erzählt Sylke Lamontain. Hundertwasser war begeistert – vom Breiten Weg und von der Nähe zum Dom. Dort – und nur dort – sah er vor seinem geistigen Auge ein Hundertwasser-Gebäude entstehen.
Was damals niemand ahnen konnte: Es sollte noch viel Wasser die Elbe hinunterfließen, viel gerechnet, verworfen und diskutiert werden, bis das kantenlose Gebäude mit seiner Begrünung und den bunten Säulen zum bedeutenden Hingucker der Stadt werden sollte. Die WBG 1954 übergab das Konzept für die Realisierung 2003 an die GERO AG, blieb jedoch weiter Verfechterin des Projekts.
An den Plänen für die Grüne Zitadelle von Magdeburg hat Hundertwasser noch bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2000 gearbeitet. Alle Planungen waren da schon abgeschlossen, das Baumodell fertig, und es gab jede Menge Detailzeichnungen. So konnte das Architekturprojekt ohne den Künstler umgesetzt und schließlich 2005 eröffnet werden – das letzte fertig konzipierte und realisierte Bauwerk von Friedensreich Hundertwasser. Und zugleich das in Stein manifestierte Engagement der WBG 1954, die Stadt stetig zu verwandeln – Transformation für die wohnliche Zukunft zu betreiben.
„Unser Anliegen ist es, Gebäude zu erhalten, attraktiv zu sanieren und allen Menschen den passenden Wohnraum zu bieten“, sagt Sylke Lamontain, die kaum weiß, wo sie anfangen soll, wenn es darum geht, aufzuzählen, wo die WBG ihre Spuren hinterlassen hat. Prominentes Beispiel für die Erhaltung alter Substanz ist der Umbau des letzten, vor der Wende gebauten Plattenbaus in der Turmschanzenstraße. Statt abzureißen, hat die Wohnungsbaugenossenschaft einen Ideenwettbewerb für Architekturbüros ausgerufen und mit auf den Weg gegeben, „dass man ruhig erkennen darf, dass es sich um einen Plattenbau handelt“. In der Folge blieben später tragende Elemente stehen und der Grundriss wurde komplett verändert. Der vorhandenen Baukörper wurde um einen Ergänzungsneubau erweitert und um weitere zwei Etagen aufgestockt. „Das“, so erzählt sie, „war viel komplizierter als neu zu bauen, hat jedoch ein nachhaltiges und schönes Ergebnis hervorgebracht.“
Ein ebenso schönes sichtbares Ergebnis städtischen Bauens der WBG 1954 ist am Elbbahnhof zu sehen. „Mit den Terrassenhäusern haben wir dort tolle Akzente gesetzt“, so Sylke Lamontain. Sie und Ihre Mitstreiter der Genossenschaft sind überzeugt, dass es künftig noch viele Projekte geben wird, wo ihre Genossenschaft den weiteren Wandel der Ottostadt mitbestimmen wird. Denn als abgeschlossen, betrachtet sie die Transformation Magdeburgs „noch lange nicht“. Sie sagt: „Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass sich Magdeburg weiterhin sehr positiv entwickeln wird.“
Foto: (c) Stadtmarketing Magdeburg