Ein Physiker begleitet das Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg auf dem Weg zum nachhaltigen wissenschaftlichen Arbeiten – und das aus Überzeugung. Dr. Jakob Schweizer berichtet, was er erreicht hat, und was noch zu tun ist.

Ökologische Nachhaltigkeit ist schon seit langem Gegenstand der Wissenschaft. Wissenschaftler*innen weltweit erforschen Klimawandel, Biodiversität und suchen nach Lösungen zur Nutzung regenerativer Energien, so auch am Max-Planck-Institut Magdeburg. Nachhaltigkeit im Wissenschaftsbetrieb selbst wird aber ebenfalls ein immer wichtigeres Thema. Dr. Jakob Schweizer erklärt: „Wir verbrauchen Energie zum Betrieb unserer Gebäude, Messgeräte und Hochleistungsrechner, produzieren viel Labormüll und auch bei der Herstellung des Betons unserer Forschungsinstitute entsteht viel CO2 ". Studien der ETH Zürich und des MPI für Astronomie in Heidelberg haben zudem gezeigt, dass 60 Prozent ihrer CO2-Emissionen alleine auf Dienstreisen entfallen - fast vollständig auf Langstreckenflügen. Die COVID-19-Pandemie ergab für die Wissenschaftler*innen unerwartet die Chance zu zeigen, dass wissenschaftlicher Austausch auch in virtuellen und somit klimafreundlicheren Formaten stattfinden kann. "Vermutlich hat die Wissenschaft während der Pandemie ihren CO2-Ausstoß schlagartig halbiert. Natürlich ist es wichtig, das wissenschaftliche Konferenzen wieder auch physisch stattfinden können. Ich hoffe aber, dass ein Großteil des wissenschaftlichen Austausches auch nach der Pandemie virtuell und somit klimafreundlicher stattfinden wird", sagt Schweizer.

Der Wissenschaftler ist auf Biophysik spezialisiert, hat in Dresden, Leipzig und Paris studiert, einige Zeit an der Oxford University verbracht. Seit 2014 koordiniert er für die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ein Forschungsnetzwerk im Bereich der synthetischen Biologie. Dabei versuchen Jakob Schweizer und seine Kolleg*innen, synthetische Zellen herzustellen, um die grundlegenden Mechanismen biologischen Lebens besser zu verstehen.

In Eigenregie hat er bereits 2014 einen Testlauf mit Recyclingpapier auf einem Institutsdrucker gestartet, viele Kolleg*innen fanden das gut. 2015 entstand daraus die Nachhaltigkeitsgruppe am MPI Magdeburg. Nach dem Recyclingpapier kam die ökologische Gartenbewirtschaftung: "Wir haben viel Grün ums Institutsgebäude, das sollte ökologisch gepflegt werden. Das spart natürlich weniger CO2 ein, aber die Gartenaktivitäten vernetzen Kolleg*innen am Institut und machen den Nutzen sichtbar.“ Ein Bike-Sharing-System zum Teilen von Fahrrädern gibt es, damit kurze Wege nicht mehr mit dem Auto erledigt werden müssen. Das bestehende System zur Altpapiersammlung wurde ausgebaut, und Behälter für Wertstoffe in den Teeküchen aufgestellt.

2019 organisierte die Nachhaltigkeitsgruppe des Max-Planck-Institutes einen Workshop zum Thema Nachhaltigkeit in der Wissenschaft, zu dem Kolleg*innen von mehr als 30 Max-Planck-Instituten aus ganz Deutschland nach Magdeburg kamen. Bei dieser Veranstaltung wurde auch das Max-Planck-Nachhaltigkeitsnetzwerk gegründet. Über 180 Kolleg*innen der MPG arbeiten inzwischen wie Jakob Schweizer für mehr Nachhaltigkeit in der Wissenschaft. Ein wesentlicher Meilenstein des Netzwerkes war die Erstellung eines 70-seitigen Katalogs mit Empfehlungen für einen nachhaltigen Wissenschaftsbetrieb in der MPG. Dieser Katalog soll die Grundlage für einen großen Veränderungsprozess in der MPG hin zu einer ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Wissenschaftsorganisation bieten.

Natürlich gibt es auch Kritik an der Idee, Wissenschaft nachhaltiger zu gestalten, insbesondere angesichts des Aufwandes und möglicher zusätzlicher Kosten. "Niemand sagt, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz einfach sind. Jeder ist Teil des Problems, aber jeder kann und muss Teil der Lösung sein", meint Jakob Schweizer. Und sagt weiter: "Um unsere Welt nachhaltiger zu machen, ist die Veränderung im eigenen Umfeld am effektivsten, weil man genau weiß, wo welche Probleme liegen, wie Lösungen aussehen könnten und vor allem wen man wann wie ansprechen muss. Zum eigenen Umfeld gehört neben dem privaten Bereich eben auch der Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte." Daher ermuntert Jakob Schweizer seine Mitmenschen auch außerhalb der Wissenschaft, sich in ihren jeweiligen beruflichen Kontexten für mehr Klimaschutz zu engagieren. Und er fängt bei sich selbst an, denn er ist überzeugt: "Wissenschaft hat eine Vorbildfunktion, und darum haben wir eine Verantwortung, nachhaltig zu forschen."

Nachhaltigkeit in der Wissenschaft


Jakob Schweizer

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