Im Müllheizkraftwerk Rothensee wird verbrennender Abfall in warmes Wasser für Fernwärme und Strom umgewandelt. Hier ist man immer auf der Suche nach neuen effizienten Wegen zur Energiegewinnung.

Seit 2005 darf Abfall nicht mehr unbehandelt abgelagert werden. Mit Inkrafttreten der neuen Regelung ist im Juni 2005 das Müllheizkraftwerk (MHKW) Rothensee in Betrieb gegangen. Ursprünglich war eine Kapazität für 150.000 Tonnen Abfall pro Jahr geplant. Bereits im Jahr 2006 wurde diese aufgrund der hohen Nachfrage auf 650.000 Tonnen erhöht. Aktuell erwartet das Kraftwerk die Genehmigung für eine Erweiterung der Anlage, damit könnten insgesamt mehr als 900.000 Tonnen Müll jährlich behandelt werden. Zusätzlich wird dann die Mono-Verbrennung von Klärschlamm möglich, unter anderem um den endlichen Stoff Phosphor zurückzugewinnen und als Dünger einzusetzen.

"Und das so energieeffizient wie möglich", macht Rolf Oesterhoff deutlich. Der Geschäftsführer des Müllheizkraftwerks in Rothensee und sein Team bringen sich stets auf den neusten Stand, was Anlagentechnik und Möglichkeiten der Energieumwandlung angeht. Stichwort Fernwärme. So verläuft der Weg vom Müll in die Heizkörper der Stadt: Der Abfall, der in Rothensee angelieferte wird und in die Verbrennungsanlage gelangt, hat bereits alle Recycling-Prozesse hinter sich. Im Abfallbunker wird der Abfall aus den verschiedenen Herkunftsbereichen homogenisiert, so dass ein nahezu gleichbleibender Heizwert entstehen kann. Das Gemisch gelangt anschließend in die Brennkammer, wo heißes Rauchgas entsteht. Aus dem Gas wird mit einem Dampferzeuger der Wasserdampf gebildet, welcher dem Fernwärmenetz zugeführt und so zum Heizen dienen kann oder als Prozessdampf genutzt wird, der an die Städtischen Werke Magdeburg geliefert wird.

Insgesamt 44.000 Magdeburger Haushalte werden aktuell mit der thermischen Energie aus dem Müllheizkraftwerk versorgt. Das entspricht 350.000 Megawattstunden Fernwärme. „Die Tendenz ist steigend. Immer mehr Hausbesitzer entscheiden sich für die praktikable Lösung der Fernwärme von SWM“, weiß Rolf Oesterhoff aus Erfahrung. Nur einer der Gründe, warum ein Ausbau nötig ist. 2024 sollen die neuen Anlagen in Betrieb gehen. „Genaugenommen ist die dadurch entstehende Energie bereits verplant“, so Oesterhoff. Denn: Die Rothenseer starten jetzt zusätzlich auch Kälteprojekte. Für den neuen Sitz der Städtischen Werke Magdeburg, ehemals Blauer Bock, wird erstmalig mit dem heißen Wasser Kälte produziert – und so die Installation von Klimaanlagen unnötig gemacht.

Und damit nicht genug: Das MHKW sorgt jedes Jahr zusätzlich für 370.000 Megawattstunden elektrische Energie in mehr als 40.000 Haushalten und Gewerberäumen. Hierfür treibt der Wasserdampf per Turbine einen Generator an. Dieser erzeugt Strom, welcher ins Magdeburger Netz eingespeist wird. Insgesamt würden durch diese Versorgung jedes Jahr Tausende Tonnen fossiler Brennstoffe wie Kohle und Gas eingespart, macht Rolf Oesterhoff deutlich. „Die Müllheizkraftwerke sind zwar ein erheblicher CO2-Emittent, reduzieren hingegen aber auch die Menge umweltschädlicher Brennstoffe.“ Hintergrund: Pro Tonne Abfall entsteht im MHKW eine Tonne CO2.

Um die entstehende Energie bestmöglich zu nutzen, werden stetig Abläufe und Technik angepasst. „Den Kalk für die Rauchgasreinigung bringen wir heute wesentlich öfter in den Kreislauf und erhalten dadurch geringere Mengen Restprodukt“, nennt Oesterhoff ein Beispiel. Darüber hinaus wird an den Möglichkeiten der Energiespeicherung geforscht. Eine sinnvolle Option könnte für das Magdeburger Heizkraftwerk die Umwandlung in heißes Wasser und anschließende Aufbewahrung in Wärmespeichern sein.

"Einkaufen ohne Verpackungsmüll zu produzieren, ist heutzutage fast unmöglich", sagt Rolf Oesterhoff und macht deutlich: „Die Abfallhierarchie beginnt bei dem Thema Abfallvermeidung. Auch im privaten Bereich trägt der Geschäftsführer seinen Teil zum Thema Nachhaltigkeit bei: Fleisch gebe es seltener und ein abfallfreier Tag wurde Zuhause eingeführt. Ich zum Beispiel gehöre zu denen, die ihre Schuhe noch zum Schuster bringen.“ Denn Fakt ist: Das Müllheizkraftwerk steht am Ende der Kette, „Wo gar nicht erst Abfall entsteht, muss auch nichts entsorgt werden.“ Für Rolf Oesterhoff ist das Ziel in Sachen Energieeffizienz längst nicht erreicht. Seine Zukunftsvision ist es, dass die Fahrzeuge, welche den Abfall einsammeln und in Rothensee abkippen, direkt mit im MHKW erzeugtem nachhaltigen Kraftstoff wie Methanol oder Wasserstoff betankt werden. Dazu werden Möglichkeiten der CO2- Abscheidung für die Anlagenerweiterung geprüft.

Wenn aus Müll Wärme wird


Rolf Oesterhoff

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