Die "bunte butze" in Stadtfeld soll das erste CO2-neutrale Mehrfamilienhaus Magdeburgs werden. Zugleich möchte die Eigentümergemeinschaft zeigen, dass es möglich ist, sozial günstigen Wohnraum zu schaffen, Dinge zu teilen und anders miteinander zu leben.

Das Gründerzeit-Haus an der Ecke Annastraße/Hans-Löscher-Straße ist nicht zu übersehen. Mitten im Stadtfelder Kiez steht das Gebäude, das zu DDR-Zeiten seiner Schmuckelemente beraubt wurde. Das soll die "bunte butze" werden. Vom farbenfrohen Namen ist von außen bisher noch nicht viel zu erkennen. Aber das soll sich laut Falk Lepie bald ändern. Der Magdeburger gehört zu einer Handvoll Initiatoren, die sich zur gleichnamigen Gesellschaft zusammengeschlossen haben, um das Eckhaus mit Leben zu füllen. „Wir haben ca. 5 Jahre an einem Hausprojekt oder etwas Ähnlichen geplant oder getüftelt. Von der bunten butze haben wir erst Januar 2019 erfahren und das Haus dann im Frühling 2020 gekauft. Bunt, das steht in erster Linie für unsere Ideen, für kreative Menschen und die Art des Zusammenlebens, die hier gepflegt werden soll“, erklärt er. Entstehen soll ein Mehrgenerationen-Haus, wo Türen offen sind und Dinge geteilt werden. Wo man sich umeinander kümmert und Nachhaltigkeit kein leeres Wort ist.

Das beginnt für die befreundeten Stadtfelder Familien bereits bei der Sanierung. Fünf Jahre haben sie recherchiert und geplant, wie das Haus umgebaut und genutzt werden soll, das in den vergangenen Jahren viele Bewohnerinnen und Bewohner hatte, bevor es von einem Makler verkauft wurde. Die Bieter-Gemeinschaft hatte ihre Chance gesehen und zugegriffen, um ihre Ideen umzusetzen und den Beweis anzutreten, „dass man den großen Immobilienkonzernen etwas entgegensetzen kann“. Die Gesellschaft sei zudem angetreten, das Mehrfamilienhaus nicht nur möglichst klimaneutral zu sanieren, sondern später auch so zu betreiben. Für den Innenausbau kommen darum nur natürliche Rohstoffe zum Einsatz. Statt der üblichen Erdgasheizung setzen Lepie und seine Gemeinschaft auf Erdwärme, Wandheizungen, Etagenwarmwasserbereitung. „Im Sommer können wir die Wärme wieder zurück ins Erdreich ableiten“, erklärt der Magdeburger. Wenn es heiß ist, sorgt die Anlage für Kühlung. Das Abwasser soll im Keller wieder aus Grauwasser aufbereitet und in die Wohnungen gepumpt werden. Fürs effiziente Einfangen der Sonnen-Energie wurde das Grundgerüst des künftigen Solar-Daches angehoben und nach Süden geneigt. Eine neue Herangehensweise in der Stadt, die, wie andere Vorhaben der Gemeinschaft von der Verwaltung zielführend unterstützt worden sei, wie Lepie lobend hervorhebt.
Für die Umsetzung sorgen ausschließlich Firmen aus der Region. Die haben nicht nur kurze Anfahrtswege, wie er sagt, sondern „zumeist auch die Kompetenz und richtig Lust, etwas Neues auszuprobieren“. Auch das gehört dazu, wenn Falk Lepie und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter von ihrer Vorreiter-Rolle sprechen. „Wir sind keine Missionare, wir wollen einfach vormachen, dass man etwas verändern kann“, sagt er. Ganz oben steht dabei zu zeigen, dass es mitten in der Stadt möglich ist, gesund zu bauen und langfristig bezahlbares Wohnen anzubieten. Es sei schon Idealismus, der sie antreibt, sagt Lepie. Dennoch stehen alle mit beiden Beinen im Leben. Alle Gesellschafterinnen und Gesellschafter haben einen Job, niemand möchte mit dem Hausprojekt Gewinn erzielen. „Alles, was später erwirtschaftet wird, fließt zurück ins Projekt“, erklärt Falk Lepie.

Noch in diesem Jahr sollen die Hauptarbeiten abgeschlossen sein und die ersten Mieterinnen und Mieter einziehen. Vermietet werden soll nicht nur an die Eigentümerinnen und Eigentümer oder im Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer. Etwa die Hälfte des Wohnraums sollen Gleichgesinnte nutzen können, so Lepie, „die unsere Ideen teilen“. Die kreisen um ein System, wo jeder, unabhängig vom Gehalt, dieselbe Miete für den sozialen Raum zahlt. Wo man im Alter zusammenwohnen kann. Wo die Kinder im Haus miteinander spielen, wo man Dinge teilt, und im Unverpackt-Laden einkauft, der ins Erdgeschoss einziehen soll. Wo eine Kinderbetreuung ins Haus integriert wird und man im Co-Working-Space als Gemeinschaftsbüro mit zehn Arbeitsplätzen arbeiten könnte.

So bunt soll es zugehen Haus im Stadtfelder Kiez. Der Umbau läuft. Wenn er in die Zukunft schauen könnte, würde er dort gern eine „bunte butze“ sehen, die ein Zentrum des Zusammenlebens geworden ist, sagt Falk Lepie. Im Bistro des Unverpacktladens könnten Bildschirme den aktuellen Verbrauch von Energie und Wasser anzeigen. Schulklassen könnten anschaulich lernen, wie es anders geht mit dem Bauen, Wohnen und Leben. Und bunt ist sie dann auch von außen, die „butze“. Schon bald soll die Fassade begrünt werden, die Fenster und Türen in Capriblau erstrahlen und die ,Nase‘, die nach vorn zur Kreuzung schaut, einen rötlichen Ton haben.

Viele bunte Ideen in der "butze"


Falk Lepie

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