Klimaschutz als Motor und Mehrwert für die Regionalentwicklung zu begreifen und danach zu handeln, das ist das Grundanliegen des „Forschungsprojektes Land-Kreis-Gemeinde“. Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) unterstützen dabei bundesweit zwölf Landkreise in vier Bundesländern. Das Team um Prof. Michael Böcher vom Lehrstuhl für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt nachhaltige Entwicklung liefert dafür Konzepte, mit denen Klimaschutz-Projekte als Geschäftsmodell gedacht werden können. „Anstatt sie als zusätzliche Belastung zu sehen, sollen die Kommunen gerade in den ländlichen Regionen erkennen, dass durch die Kombination von Klimaschutz und Wirtschaftskraft ihre Potenziale besser ausgeschöpft werden können“, erklärt der Wissenschaftler, der seit 2020 auch Mitglied im Bioökonomierat der Bundesregierung ist. Über drei Jahre hinweg – bis Ende des Jahres 2021 – werden die Kommunen bei Vorhaben und Aktionen begleitet, damit sie konkreten Klimaschutz vorantreiben und Kohlendioxid einsparen können. Ein wichtiger Nebeneffekt ist, laut dem Wissenschaftler, die damit verbundene Attraktivitätssteigerung der Region. Möglich sei das beispielsweise, wenn Landkreise ihre Energieversorgung oder touristische Angebote nachhaltiger gestalten.

Der wichtigste Arbeitsbereich des begleitenden Magdeburger Wissenschafts-Teams, dem auch Dr. Ulrike Zeigermann angehört, beim Projekt, das im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesumweltministerium gefördert und mit dem privaten Berliner Forschungs- und Beratungsinstitut adelphi durchgeführt wird sind Beratungen und Trainings der Verwaltungen in Landkreisen und kleineren Städten sowie die Gestaltung von Workshops. „Manchmal“, so Prof. Böcher, „geht es nur um scheinbar kleine Aktionen, aber auch die müssen umgesetzt werden“. Wenn eine öffentliche Verwaltung darüber nachdenkt, die am Wochenende ungenutzten E-Autos ihres Fuhrparks an Bürgerinnen und Bürger zu vermieten, sei das „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Ob kleines oder großes Klimaschutz-Vorhaben, immer würden Verwaltungen vor den Fragen stehen: „Wie kann das erfolgreich gelingen?“ und vor allem: „Wie trägt es sich wirtschaftlich?“. Das Hauptaugenmerk der Magdeburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liegt dabei auf dem Verlauf der politischen Prozesse. Sie machen auf die Wichtigkeit von Erfolgsfaktoren, z.B. das Finden geeigneter Promotoren aufmerksam und beraten gemeinsam mit adelphi bei Problemen.
„Landkreise und Kommunenkönnen beim Klimaschutz viel erreichen, wenn sie mit außenwirksamen Projekten vorangehen, die bei den Bürgern vor Ort, aber auch nach außen, sichtbar sind“, so Michael Böcher. Er bescheinigt vielen deutschen Kommunen, einen „hohen Einsatz für den Klimaschutz“. Das läge vor allem daran, dass die Auswirkungen des Klimawandels immer mehr auch unmittelbar zu spüren sind. Extreme wie Hochwasser oder Wasserknappheit würden zeigen, dass die Klimaveränderung nicht abstrakt ist. Auch in der Ottostadt Magdeburg ist, laut Böcher, einiges auf die Beine gestellt worden, z.B. der Masterplan 100% Klimaschutz. „Und es geht noch mehr“, sagt der Wissenschaftler und bezieht dies auch auf die Otto-von-Guericke Universität.

Hier hat sich unter anderem das Nachhaltigkeitsbüro etabliert. Entstanden aus einer Initiative von Studierenden, beschäftigt man sich hier mit praktischer Nachhaltigkeit, vernetzt sich auf dem Campus mit Akteuren aus der Stadt, der Region oder anderer Hochschulen. Seine Expertise bringt Prof. Dr. Michael Böcher auch als Sprecher des OVGU-Nachhaltigkeitsforums ein. Die Mitglieder bekennen sich zur besonderen Verantwortung der Uni für die Bearbeitung wichtiger aktueller gesellschaftlicher Fragen und engagieren sich dafür, die Nachhaltigkeit noch stärker in Lehre und Forschung zu verankern. Der Professor, der „wann es nur geht“, mit dem Fahrrad durch die Stadt fährt, zeigt, wie das funktionieren kann. Mit seiner Kollegin Juliana Hilf ist er federführend dabei, ein Alleinstellungsmerkmal der Otto-von-Guericke Universität aufzubauen. Die Fakultät für Humanwissenschaften möchte mit Start des Wintersemesters ein „Nachhaltigkeitszertifikat“ einführen – eine Zusatz-Qualifikation als Nachweis für Kompetenzen in diesem Bereich. Diese erhält, wer an Lehrveranstaltungen, egal aus welcher Fachrichtung, zum Thema teilnimmt. „Wir folgen damit nicht nur der Nachfrage der Studierenden, sondern machen auch wieder einen kleinen Schritt vorwärts in Richtung Nachhaltigkeit“, sagt Michael Böcher.

Klimaschutz und regionale Wirtschaft - Kombination mit Potenzial


Prof. Dr. Michael Böcher

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