Heike Worel hat sich mitten in der Corona-Krise einen Spieleverlag gegründet. In einer Manufaktur nahe Magdeburg entstehen Puzzle und Spiele aus Holz, in denen viel Nachhaltigkeit und Liebe zum Detail stecken. Das hat sich schon weit herumgesprochen. „FRAGMENTIS“-Produkte gehen auf die Reise nach England, Italien oder Kanada.

Heike Worel erinnert sich genau daran, wann ihr die Idee in den Kopf geschossen ist. „Ich war auf der Suche nach einem Geschenk für meine Nichte. Aber egal, in welches Geschäft ich gegangen bin, ich habe immer nur die gleichen Spielzeuge gesehen, meist mit viel Plastik, ziemlich einfallslos und billig in Asien produziert“, erinnert sie sich. Worel besinnt sich auf ein Spiel, das in ihrer Familie seit fünf Generationen zum Einsatz kommt. In der Oberlausitz holt man seit Jahrzehnten einen doppelköpfigen Adler hervor und setzt 47 aus Sperrholz gesägte Teile zusammen. Der Ursprung geht zurück auf das „Adlerschießen“ bei Volksfesten, wo mit der Armbrust auf das hölzerne Tier auf einer langen Stange geschossen wird, um möglichst viele Teile zu sammeln und „Schützenkönig“ zu werden. Damit auch Kinder mitmachen können, ist in der Familie ein Spiel entstanden, bei dem kleine Adlerteile per Würfel gesammelt werden. „Das spielen meine Enkel heute noch gern“, weiß Heike Worel. Mit diesen Erinnerungen und neuen Ideen im Kopf entschließt sich die 59-Jährige, einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Mehr als 20 Jahre hat Heike Worel in der Wirtschaftsförderung junge Unternehmerinnen und Unternehmen beraten, hat die Magdeburger Kreativwirtschaft geprägt. Im November 2020 wechselt sie die Seiten und wird selbst zur kreativen Gründerin, die in jeder Hinsicht nachhaltig arbeiten möchte.

Aus dem Doppelkopf-Adler von einst werden neue Motive. Heike Worel holt ihr Zeichentalent hervor, entwirft Phönix, Pfau, malt eine bunte Deutschlandkarte – so entstehen acht Motive, die mittels Computer-Technik in Grafiken umgewandelt werden. Sie macht sich auf die Suche nach einer Technologie fürs „Zerlegen“, um daraus hölzerne Spiele zu entwickeln und wird nach vielen Recherchen fündig bei modernen CO2-Lasern. Viele Schritte nimmt Heike Worel auf dem Weg zum Produktionskonzept, das die Basis für ihr Unternehmen sein soll. Sie kauft sich Technik, mietet sich eine Werkstatt, eröffnet ihren Spieleverlag. Nur wenige Hersteller bieten an, was die „FRAGMENTIS“-Inhaberin über den selbst erstellten Online-Shop, mit gezieltem Marketing, über Verkaufsplattformen und einen Shop in Hamburg bei Puzzle-Fans präsentiert. Was in der Manufaktur bei Heike Worel entsteht, enthält Liebe zum Detail und den Umweltschutzgedanken. „Mir war es von Anfang an wichtig, Spiele und Puzzle zu produzieren, die nachhaltig sind“, erklärt sie. Darum werden alle Produkte aus Holz hergestellt, nur zertifizierte Farben eingesetzt. Die Verpackung eines deutschen Herstellers besteht komplett aus Recycling-Material. Die Puzzleteile landen nicht im Kunststoff- sondern im Leinenbeutel. Das alles ist der Gründerin wichtig, die Nachhaltigkeit auch im anderen Zusammenhang sieht und meint: „Mir kommt es auch darauf an, dass die Menschen nicht mehr nur auf Bildschirme schauen, sondern wieder miteinander spielen. Kinder können im logischen Denken geschult und ihrer Kreativität befördert werden.“ Mit einem „0815-Produkt“ könnte sie das nicht bewirken, meint Heike Worel. Vor allem die Puzzles mit dem viktorianischen Schnitt – wo einzelne Teile selbst noch Motive darstellen – sind begehrt. Heike Worel verschickt sie nicht nur in alle Ecken Deutschlands, sondern auch in die USA, nach Kanada, Italien, Österreich, England oder Belgien. Im Portfolio gibt es acht Spiele und 13 Puzzle – Tendenz steigend. Heike Worel hat noch viele Ideen, möchte monatlich ein neues Puzzle herausbringen, denkt über Motive regionaler Künstler nach, erhält Anfragen für Einzelstücke. Und wenn es wieder geht, möchte sie auf Märkte und Messen zeigen, was bei ihr in der Manufaktur entsteht, die sich mit der Ottostadt verbindet. Sie sagt: „Es reizt mich, etwas Unverwechselbares für Magdeburg zu schaffen und das rundum nachhaltig.“