Joris Spindler hat vor elf Jahren mit acht Gleichgesinnten in der Ottostadt Magdeburg das Projekt „Vitopia“ ins Leben gerufen. Inzwischen ist daraus eine Genossenschaft mit mehr als 100 Mitgliedern und eine Lebensgemeinschaft gewachsen. Im alten Gärtnerhaus im Herrenkrugpark setzt die Gemeinschaft ihre Visionen eines umwelt- und sozialverträglichen Lebensprojektes um und verwandelt das historische Ambiente in ein alternatives Wohn- und Kulturzentrum mit Café- und Herbergsbetrieb.

Am Anfang war der Wille, etwas zu tun. „Wir wollten nicht nur gemeinsam reden, sondern umsetzen, was wir erkannt hatten“, erinnert sich Joris Spindler. Für ihn und die acht Mitgründer von „Vitopia“ galt das vor allem für ein umweltbewusstes, sozialverträgliches Leben und Wirtschaften. Im Jahr 2010 hat die Gruppe das Projekt ins Leben gerufen. „Vitopia“ ist vieles, vor allem aber eine Genossenschaft mit derzeit über 100 Mitgliedern und eine Lebensgemeinschaft. Mit dem Konzept einer ökologischen Sanierung und des solidarischen Zusammenlebens ist die Genossenschaft vor Jahren auch angetreten, das bis dahin leerstehende Gärtnerhaus im Herrenkrug mit einem 3.000 Quadratmeter großen Grundstück umzukrempeln. Seit 2012 wohnt hier als Mieterin der Genossenschaft die Gemeinschaft „Vitopia“, zu der mittlerweile zwölf Erwachsene und fünf Kinder zwischen vier und 50 Jahren gehören. Joris Spindler bezeichnet das Ganze - mit dem Begriff des Postwachstumsökonomen und Genossenschaftsmitglieds Niko Paech - als ein „Real-Labor“ und „einen Ort, wo schon vieles umgesetzt ist“ und der „als Blaupause für andere dienen könnte“. Er sagt: „Wir gehen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend, um Menschen zu bekehren, bei uns kann man erleben, was es bedeutet, achtsam miteinander und umweltverträglich zu leben.“ Das ehemalige Gärtnerhaus wurde ökologisch und denkmalgerecht saniert. Entstanden ist hier unter anderem das gemütliche, familienfreundliche „Café Verde“, in dem vorwiegend fair-gehandelte, regionale und saisonale Produkte gereicht werden.

Seit Sommer 2020 gibt es auf dem Areal, das direkt an der Elbe liegt, zudem eine Radler- und Pilgerherberge mit zwölf Betten. Bei allem, was hier saniert und gebaut wird, legen die Mitwirkenden Wert auf den Umweltschutz. Verwendet werden ökologische Baustoffe wie Holz, es gibt Lehmwände und Schilfrohr-Dämmung, der Strom kommt aus regenerativen Energieformen. Auf dem Dach befindet sich eine Solar-Anlage, auf dem Gelände ein Blockheizkraftwerk für Stromproduktion, Heizung und Warmwasserbereitung. Das Gemeinschaftswohnhaus wurde 2020 fertig gestellt. Jede Familie und die weiteren Bewohner haben ihren einen eigenen Wohnraum, Küche und Essenslager werden gemeinsam genutzt. Im Garten wächst Obst und Gemüse. Das Fahrrad ist das wichtigste Verkehrsmittel. Die Bewohnerinnen und Bewohner kaufen zusammen ein, wechseln sich mit dem Zubereiten des Abendessens ab. Wie sie leben und handeln soll beispielhaft sein. „Wir sind keine zurückgezogene große WG, wir schaffen Angebote und wollen viele Menschen hierherlocken“, sagt Joris Spindler. Perspektivisch soll das ehemalige Pflanzen-Überwinterungshaus restauriert werden. „Arbeit gibt es genug“, sagt der Wahl-Magdeburger, der vor mehr als 20 Jahren in die Ottostadt kam. Und dabei meint er nicht nur Projekte, bei denen gebaut und gewerkelt wird oder das Café. Gegründet wurde auch der gemeinnützige Verein „Lebensraum am Fluss – Kultopia“, der sich Umweltbildungs-, Kultur- und Friedensarbeit sowie dem Denkmalschutz widmet. „Gemeinsam geht einfach alles besser, auch die Umsetzung neuer Lebensformen oder der Umwelt- und Klimaschutz“, so Spindler. Beide Themen haben seit der Gründung von Vitopia mehr und mehr an gesellschaftlicher Relevanz gewonnen. Seiner Heimatstadt bescheinigt er dabei „große Chancen“. Joris Spindler schwärmt von den Magdeburger Parks und Gärten und meint im Hinblick auf den Klima- und Umweltschutz: “Die großen historischen Parks und Gärten sind als Grüne Lunge der Elbestadt sehr wertvoll für das Stadtklima. Im Bereich grüner Energie und Radverkehr sind in den letzten Jahren Fortschritte zu sehen, es bleibt noch viel zu tun.“, so Joris Spindler.  Im Herrenkrug ist aus einer Utopie ein konkreter Lebensort entstanden mit Gemeinschaft, Kultur, Café und Herberge.

Gemeinsam vieles bewirken


Joris Spindler

Logo YoutubeSehen Sie einen kurzen Infofilm auf unserem Youtube-Kanal.