Urbaner Treff, Café und Geschäft für nachhaltige Mode zugleich: Am Breiten Weg zeigt eine Magdeburg-Botschafterin, wie moderne Konzepte die Innenstadt beleben.

Wenn Betsy Peymann auf Magdeburg zu sprechen kommt, gerät sie ins Schwärmen. „Ich bin ein Fangirl dieser Stadt“, sagt sie. Baustellen, kulturelle Entwicklungen, wirtschaftliche Prozesse – die 27-Jährige kennt sie, saugt Informationen auf. Dabei ist ihr Magdeburg-Start eher holprig. „Damals dachte ich sofort: Hier werde ich nicht bleiben“, erinnert sie sich und lacht. Diese Einstellung dreht sich schnell ins Gegenteil.

Bevor sie nach Magdeburg kommt, legt sie einige Stationen zurück, schnuppert die Luft der Modewelt, sammelt Eindrücke. Dabei staunt man schon in ihren Kindheitstagen auf dem elterlichen Bauernhof über ihre Modeambitionen. Die großmütterlichen Schneiderin-Gene setzen sich wohl durch. Sie näht an ihrer Nähmaschine und träumt davon „nach den Sternen zu greifen“. Dem Wunsch des Vaters folgend, sich nicht so weit entfernt vom niedersächsischen Heimatdorf, niederzulassen, sucht sie sich nach der Ausbildung zur Mode- und Designassistentin in Hannover die Elbestadt aus. Mit dem Betriebswirtschaftsstudium schafft sich Betsy Peymann die Basis, die ihr unternehmerisches Denken lenkt. Sie lernt die Stadt kennen und setzt ihren Kindheitswunsch „etwas selbstständig mit Mode zu machen“ in Magdeburgs Innenstadt um. Seit mehr als einem Jahr betreibt Betsy Peymann ihren „Concept-Store“ auf dem Breiten Weg, wo sich alles um Nachhaltigkeit dreht und um faires Bewusstsein. „Meist denkt man bei nachhaltiger Mode an langweilige Kleidung aus Leinen, Baumwolle oder Filz“, weiß die Geschäftsführerin. „Ich zeige hier, dass nachhaltige Kleidung zugleich stylisch sein kann.“ Im Store erklärt sie Rohstoffe, Ökowerte, oder dass Schuhe und Kleidung durchaus recyceltes Plastik als Grundlage haben können. Im Café, dem zweiten Bereich des „Concept-Stores“, trifft man sich, trinkt Kaffee, Milch oder andere – natürlich fair produzierte – Getränke, kann das frei verfügbare WLAN nutzen, und in entspannter Atmosphäre arbeiten.

All das zusammen macht sie 2019 zu einer geeigneten Botschafterin beim Vorentscheid der Bewerbung Magdeburgs um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“. „Ich war begeistert, als die Anfrage kam“, erinnert sie sich. „So etwas erlebt man nicht zweimal im Leben.“ Gekrönt wird ihr Engagement in der zehnköpfigen Botschafter-Riege durch die Entscheidung der europäischen Jury, dass Magdeburg auch in der nächsten und letzten Bewerbungsrunde im Herbst 2020 antreten soll. Betsy Peymann ist sich sicher, dass „unsere Stadt noch viel Potenzial und damit richtig gute Titel-Chancen hat“. „Magdeburg haben viele Menschen nicht sofort auf dem Radar, aber wenn, dann ist die Überraschung meist groß“, so die Modegeschäftsinhaberin, die häufig in ihrem Laden Touristen sagen hört, dass sie nie gedacht hätten, dass Magdeburg so schön ist.

Darauf baut sie auf, hat schon Familie und Freunden gezeigt und erklärt, was die Ottostadt für sie so lebenswert macht und warum es sie „eben gerade nicht nach Leipzig und Berlin zieht“.  Kurze Wege, nicht nur im Stadtgebiet, sondern auch zwischen Menschen, Behörden und Banken gehören dazu. Sie spricht davon, dass „die Stadt nicht anonym ist, dass Gründer hier sichtbar sind und in kurzer Zeit etwas bewegen könnten“. Sie sagt auch, dass „wir es schaffen müssen, weitere Marken hierher zu ziehen“, und dass „man in Magdeburg froh ist, wenn neue Gründer die Aufbruchstimmung nutzen“. „Es gibt viele junge Macher, die wollen, dass in Magdeburg etwas entsteht“, so Betsy Peymann, die kein Pseudonym für den Aufbau ihrer Marke nutzt, sondern einfach die Kurzform von Elisabeth als Vorname einsetzt. Diese Marke soll sich hier weiter entwickeln, für Qualität und Transparenz stehen, und Magdeburg soll das Hauptquartier werden, wenn sie weitere Stores in anderen Städten eröffnen sollte. Betsy Peymann sagt oft, gern und offen, dass noch mehr junge, moderne Konzepte in der Innenstadt umgesetzt werden sollten: „Ich finde, es ist unsere Aufgabe, noch mehr urbane Räume zu schaffen, damit noch mehr Menschen sagten: „Magdeburg? Da wollte ich schon immer mal wohnen.“

Concept-Store in der City


Betsy Peymann