Mit nachhaltigen Werkstoffen kennt sich Dr. Peter Gerth aus. Er arbeitet mit Kollegen und Studierenden daran, Fasern zu umweltfreundlichen Produkten zu machen.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Nachwachsende Rohstoffe gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die Hochschule Magdeburg-Stendal hat das schon vor einigen Jahren erkannt und in der Altmark ein Projekt unterstützt, in dem Naturfasern aus Hanf gewonnen wurden. Der regionale Bezug mit den beiden Standorten der Hochschule in Magdeburg und Stendal war dabei schon ein Vorteil, erinnert sich Dr. Peter Gerth von der Hochschule heute. „Damals ging es für die Hochschulen um Forschung, um die Fragen nach dem Aufbau von Infrastruktur“, sagt er.

Die Verarbeitung von Faserpflanzen in der Altmark gibt es heute nicht mehr, die Fasern kommen heute aus anderen Gegenden. „Momentan sind umweltfreundliche Verpackungen sehr gefragt. Wenn man ein kurzlebiges Produkt hat wie eine Lebensmittel-Verpackung, da muss man keine erdölbasierte Verpackung benutzen“, argumentiert Peter Gerth. Das Recycling solcher Verpackungen ist schwierig, weil nicht genug davon ins System zurückkommen, darum ist der Verpackungsbereich einer, in dem viele solcher nachhaltigen Produkte bereits genutzt werden. „Wir hatten uns schon früh darauf spezialisiert, Produkte herzustellen, die langlebiger sind. Gegenstände im Haushalt, im Automobilbereich, im Sport-Freizeit-Bereich sind schon darunter gewesen“, zählt Gerth auf. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen den Flachs- und Hanffasern und Holz in der Anwendung, die Automobil-Industrie nutze zum Beispiel auch gern asiatische Fasern aus einer Hibiskus-Pflanze. Problematisch sei allerdings, dass die Qualität nicht gleichbleibend sei, wie Gerth erklärt: „Da gibt es natürlich saisonale Schwankungen in der Qualität, die sich auch nur begrenzt beeinflussen lässt.“ Die Industrie wisse das inzwischen natürlich, dennoch sei es der Ansporn der Materialentwickler, für solche Texturen zu sorgen, die sich genauso verarbeiten lassen wie die konventionellen Werkstoffe. „Das ist teilweise schon ein echter Aufwand, aber man kann das schaffen. Letztlich bleibt immer die Frage nach dem Preis, denn die nachhaltigen Produkte sind in der Regel etwas teurer als die herkömmlichen“, sagt Gerth. Wenn es nur um den Preis ginge, seien die nachhaltigen Produkte und Werkstoffe im Nachteil, bei der Nachhaltigkeit hätten die Produkte natürlich die Nase vorn. Gerth erklärt am Beispiel einer faserverstärkten Autotür: „Freilich ist eine herkömmliche Verstärkung aus Glasfaser billiger. Wenn die Verstärkung bei einem Unfall bricht, splittert die Glasfaser scharfkantig und kann für die Insassen gefährlich werden. Bei einer naturfaserverstärkten Tür gibt es das Problem nicht.“

Ein Problem sieht Gerth momentan noch in der Abfallentsorgung auch bei den nachhaltigen Kunststoffen. „Nehmen wir mal das Beispiel Becher. Ein Becher aus herkömmlichen Kunststoff muss in den gelben Sack, ein bio-abbaubarer auch, obwohl er auch in die Biotonne könnte. Der nachhaltige Becher braucht länger zum Verrotten als die Speisereste und so ist das nicht effektiv genug für die Unternehmen“, weiß er. Sinnvoller als den Ersatz bestehender Produkte findet Gerth ohnehin den Einsatz neuer Produkte aus neuen Werkstoffen, die kein bestehendes Produkt verdrängen und sich im Preis messen lassen müssten.

In Magdeburg schätzt Gerth die Innovation, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft ausgeht. „Man kann immer mehr machen, das ist ja auch der Antrieb für alle, die stark wissenschaftlich innovativ unterwegs sind“, sagt Gerth. Auch die Kreativszene finde er sehr spannend. Die Magdeburger Unternehmen sind für Innovationen offen. In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler und Unternehmer in Magdeburg in Gerths Augen gelernt, eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Er wünscht sich für die Zukunft: „Die Nachhaltigkeit und die biobasierten Werkstoffe   werden noch gefragter sein. Magdeburg wird eine führende Rolle dabei spielen.“

"Nachhaltigkeit durch neue Materialien"


Dr. Peter Gerth