Tom Assmann arbeitet am Einsatz autonomer Verkehrsmittel und will die Lieferlogistik in Innenstädten umweltfreundlicher und kostengünstiger gestalten.

Können Sie sich vorstellen, dass ein Fahrrad allein auf dem Breiten Weg in Magdeburg unterwegs ist, genutzt wird und von selbst wieder zu einem anderen Treffpunkt fährt? Für Tom Assmann ist das eine Zukunft, die bald an Fahrt aufnehmen könnte. Der Wissenschaftler am Institut für Logistik und Materialflusstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg befasst sich seit 2016 mit Forschungsprojekten rund um die Themen Lastenfahrräder, urbane Logistik und nachhaltige Logistik. Daraus hervorgegangen ist unter anderem das interdisziplinäre Projekt Autonomes Rad – kurz AuRa, bei dem sich Wissenschaftler der Logistik, Umweltpsychologie, Informatik und Maschinenbau Gedanken machen um den flexiblen Einsatz autonomer Fahrradsysteme für Logistik- und Beförderungsaufgaben. Tom Assmann fasst das so zusammen: „Wir entwickeln das Bike-Sharing der nächsten Generation.“ Anfangs sei AuRa „ein kleines Pflänzchen gewesen“. Jetzt hat es durch die Förderung des Landes Sachsen-Anhalt und Europäischen EFRE-Fonds einen Wachstumsschub erhalten.

Vor seinem Auge sieht der gebürtige Dresdener, der Magdeburg als seine Wahlheimat bezeichnet, Fahrräder oder Lastenräder losfahren, wenn der Bedarf mit den Klick aufs Smartphone angezeigt wird. Die Ottostadt sei dafür die ideale Versuchsstadt – nicht nur wegen großer Flächen im Zentrum, sondern auch, „weil sich hier alle Projektpartner richtig reinknien“. Die ersten Fahrten soll das autonome Verkehrsmittel auf dem Campus unternehmen. Mit dem „Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt“ – einem der modernsten deutschen Integrationsplattformen und Testumgebungen für angewandte Verkehrs- und Logistikforschung – gibt es ein komplementäres 5G-Testfeld. Ein ultraschnelles Mobilfunknetz, das „leider noch nicht flächendeckend vorhanden ist“, wie Tom Assmann sagt.

Derzeit feilen die Wissenschaftler an den Eigenschaften des autonomen Gefährtes, wollen ihm „beibringen“ mit nicht-heterogenen Verkehrssituationen umzugehen. Der Wissenschaftler erklärt: „Wir müssen sehr viele, Was-ist-wenn-Situationen‘ berücksichtigen.“ Solche Herausforderungen schrecken den Magdeburger nicht. Im Gegenteil – Lösungen für ein glückliches Zusammenleben in der Stadt von morgen zu finden und sie wirkungsvoll umzusetzen, sieht er als wichtige Aufgabe an, die er vielfältig bearbeitet. So hat er sich aktuell auch mit weiteren Alumni der Universität im Netzwerk „Your Local“ für den Aufbau einer nachhaltigen Logistik eingesetzt. Auf einer Plattform unterstützte ein engagiertes Magdeburger Team mit Beginn der Corona-Pandemie kleinere, lokale Einzelhändler und Gastronomen und eröffnete ihre geschlossenen Geschäfte online. Bei der Auslieferung setzte das Team auch auf das Lastenrad und damit die umweltschonende Variante ein.

Nachhaltigkeit ist ein Wort, das bei Tom Assmann stets in Projekten mitschwingt. Der Wirtschaftsingenieur hat unter anderem mit dem interdisziplinären Forschungsteam „Lastenrad-Depot“ einen Planungsleitfaden für Lastenradumschlagsknoten erarbeitet. Damit können Kommunen und Wirtschaftsunternehmen bei der Planung von Mikro-Hubs für den Einsatz von Lastenrädern unterstützt werden. Planungen, gesellschaftliche Akzeptanz, rechtliche Grundlagen, die Gestaltung der Stadtstraßen – all das müsse berücksichtigt werden, so Tom Assmann. In der Praxis könnten die Kuriere die Umschlagknoten, kleinere Depots, im Stadtzentrum anfahren, um ihr Lastenrad neu zu beladen. Der Vorteil: Nur ein großes Fahrzeug müsste täglich in die Stadt fahren, um die Stationen zu füllen. Erste Studien des vom Bundesverkehrsministerium geförderten Forschungsprojektes seien durchweg positiv ausgefallen, weiß Tom Assmann. Positiv sieht er selbst die Bewerbung Magdeburgs als „Europäische Kulturhauptstadt 2025“. Er sagt: „Wir haben Chancen, wenn wir aus dem Schatten herausspringen und uns neuen Herausforderungen stellen.“ Für ihn gehört der Einsatz autonomer Fahrzeuge dazu. Die ersten Testfahrten des selbstbestimmten Fahrrads auf innerstädtischen Straßen sieht der Wissenschaftler „durchaus schon im Jahr 2022“. Bis dahin soll noch viel getestet werden – auch in der 360-Grad-Umgebung des Mixed-Reality-Labors „Elbedome“. Und das ist schon ziemlich dicht dran an der Realität.

Bike-Sharing mit Fortschritt


Tom Assmann