Der Satz überzeugt jeden. „Es war die Liebe“, antwortet Andreas Gilgert auf die Frage, warum es einen Münchner nach Magdeburg verschlagen hat. Die Liebe auf den ersten Blick galt seiner Lebensgefährtin Constanze Beuter, die er bei seiner Meisterprüfung in Hildesheim kennengelernt hat. Auf den zweiten Blick verliebte er sich in Magdeburg. Andreas Gilgert wurde in München geboren, absolvierte dort seine Ausbildung, machte seinen Hörakustiker-Meister. Er wohnte in Nürnberg und im Allgäu, jetzt ist Magdeburg seine Heimat. Die Stadt, von der er vor der Wende nur wusste, „dass sie im Osten existiert“. Der Bayer entschied sich 1997, die Lederhose in Bayern zu lassen und in der Elbestadt ein Geschäft zu eröffnen. „Das Pendeln konnten wir nicht durchhalten“, erinnert sich Andreas Gilgert. Bei der Fahrt München-Magdeburg kamen damals auf wenig ausgebauten Autobahnen und schlechten Bahnverbindungen bis zu acht Stunden zusammen. Sie suchten ihren Lebensmittelpunkt und fanden ihn in der Elbestadt. Constanze Beuter wuchs in Burgstall, nahe Tangerhütte, auf und kannte Magdeburg von ihrer Ausbildung. Persönliche Umwege führten sie nach Berlin und wieder nach Magdeburg. Andreas Gilgert nahm seine Sachen und all seinen Mut zusammen, kündigte seine Stelle in München, um sich in Magdeburg selbstständig zu machen. Ein Kulturwechsel. Aus der Siedlung in der bayrischen Vorzeige-Stadt zog er in einen Olvenstedter Plattenbau. „Ich kam mir vor wie in einer anderen Welt“, sagt er. Auch in Cracau, wo er sein erstes Geschäft für ästhetische Hörakustik eröffnete, ging ihm das so. „Es war noch nichts modernisiert“, erinnert er sich. „Ich habe mich schon manchmal gefragt, ob die Entscheidung richtig war.“ Heute empfindet er das Leben in Magdeburg als sehr angenehm, sagt er. „Wir haben den Fortschritt miterlebt, das ist eine echte Erfolgsgeschichte“, ergänzt Constanze Beuter. Sie selbst haben an der Wirtschaftsgeschichte mitgeschrieben und einen weiteren Laden an der Großen Diesdorfer Straße eröffnet. Die Geschäftsleute betonen ihre regionale Verbundenheit. Den bajuwarischen Akzent hört man zwar noch. Aber wer richtig hinhört, erkennt auch magdeburgische Einflüsse bei Andreas Gilgert. Und ums richtige Hören geht es dem Paar – manchmal sogar zweigleisig. Seit anderthalb Jahren fährt ihre „Hörbahn“ in der Stadt, eine Tram, mit der sie Werbung für ihr Familienunternehmen machen. „Mist, der Bürosessel ist keck!“ oder „Er hat wirklich gesagt, er piept mich“, was an der Straßenbahn steht, ist ein Werbe-Volltreffer, der Marketing-Preise absahnt. Die witzigen Sprechblasen kommen gut an. Ankommen ist das Stichwort für die Wahl-Magdeburger. München, sagt Andreas Gilgert, ist ein schönes Ausflugsziel. Dresden und Berlin besuchen sie gern. „Aber zu Hause sind wir hier.“

Andreas Gilgert und Constanze Beuter