Anay Ueck hat ein Stück Karibik nach Magdeburg gebracht. Wer mit ihr spricht, erfährt Geschichten über Havanna und von einer Großmutter, die Zigarre rauchend auf der Schaukel sitzt. Von einem Moment auf den anderen hört man sie über Otto den Großen sprechen und über das wunderschöne Hundertwasserhaus. Die Geschichte von Anay Ueck, der temperamentvollen Kubanerin, die zur Magdeburgerin wurde, begann in Berlin. Im Jahr 1989 wurde sie als Pionier zu einem Schüleraustausch delegiert. „Deutschland hat mich als 14-Jährige schon sehr beeindruckt“, erinnert sie sich. Zurückgekehrt nach Kuba, beschäftigte sich das Mädchen mit deutscher Geschichte. Aber es war ein Zufall, dass sie bei einem weiteren Schüleraustausch ausgerechnet einen Deutschen kennen und lieben lernte. Geheiratet haben sie auf Kuba. Ein Jahr später, 1998, zogen Anay Ueck und ihr Mann nach Berlin. Es war anfangs schwer, wirklich anzukommen, sagt sie. Als geborene Optimistin kämpfte sie sich durch den fremden Alltag, lernte die Sprache, machte ihre Abschlüsse neu – weil ihr Landwirtschaftsstudium in Deutschland nicht anerkannt wurde. Mit Nebenjobs verdiente sie Geld. Auch, wenn die Ehe auseinanderging, bereut Anay Ueck keinen Tag, erklärt sie. Eigentlich bereut sie überhaupt nur eine Sache: „Ich hätte viel eher von Berlin nach Magdeburg kommen sollen.“ Sie entschied sich für die Stadt, weil sie in der Mitte lag – zwischen Wolfsburg, wo inzwischen ihr Bruder lebt, und Berlin, dem Wohnsitz ihres ehemaligen Mannes und Vater ihrer beiden Töchter. Von Konzerten und Einkaufsausflügen kannte Anay Ueck Magdeburg bereits vor ihrem Umzug. Und aus den Geschichtsbüchern. Sie liebt die Historie der Stadt, sagt sie. Ihr Leben als Magdeburgerin begann 2008. Mit ihrem Charme bezauberte sie erst als Kellnerin und später als Verkäuferin in einem Tabakfachgeschäft die Gäste. Heute hat sie selbst ein kleines Geschäft, pflegt Kundenkontakte von zu Hause aus. Hauptberuflich kümmert sie sich bei einer Firma, die in Wolmirstedt Kunststoffteile herstellt, um die kaufmännische Logistik. In ihrer Küche hängt ein großer Kalender mit Notizen. Inline Skates fahren steht dort, Hausaufgaben machen oder kochen. „Bei uns helfen alle mit“, sagt die zweifache Mutter. Auf den Tisch kommen oft Süßkartoffeln, Kochbananen oder schwarze Bohnen. Ein bisschen Karibik-Flair muss schon sein, meint Anay Ueck. Aber viel Magdeburg eben auch. Selbst ihr Papa wurde beim Besuch von der Magdeburg-Leidenschaft angesteckt und hatte beim Rückflug nach Kuba einen Beutel mit Otto-Schriftzug im Gepäck. „Ich komme aus Magdeburg“, antwortet sie jedem, der fragt, wo sie zu Hause ist. Anay Ueck erzählt, wie sich alles vermischt. Ihre Kinder beschäftigen sich mit Otto von Guericke, sie singt im Auto spanisch und beim Fahrradfahren auf dem Weg im Herrenkrug stellt sie sich vor, wie es hier wohl mit Palmen aussehen würde.

Anay Ueck