Wann stellt sich das Gefühl ein, in einer Stadt zu Hause zu sein? Bei Professor Hermann-Josef Rothkötter hat es genau einen Tag gedauert. „Mit dem Möbelwagen ist auch mein Empfinden umgezogen“, sagt der Direktor des Institutes für Anatomie und Dekan der Medizinischen Fakultät an der Otto-von-Guericke-Universität. Sonst waren es immer berufliche Gründe, die ihn bewogen, sich eine Stadt auszusuchen. In Magdeburg war das anders, sagt er. Als er sich im Jahr 2000 auf die Anatomie-Professur bewarb und in die Stadt kam, dachte er: „Hier könnte ich arbeiten und leben.“ Der gebürtige Emsländer hat sich Magdeburg angeschaut, fand ein „schönes, mittelalterliches, gründerzeitliches und neuzeitliches Stadtbild“, war von der Elbe fasziniert und von den netten Kollegen angetan. Er ist in einem Dorf groß geworden, hat in Hannover und Hildesheim studiert, in Niedersachsen gearbeitet. Dass er nach Magdeburg gekommen ist, hat er nie bereut. Die Vorteile fügten sich zusammen. Die Familie fand eine schöne Wohnung in der Innenstadt, ein Kind wurde eingeschult, das zweite stand vor dem Wechsel auf das Gymnasium, Frau Rothkötter konnte weiter als freiberufliche Musiklehrerin arbeiten. Zwei Jahre lang war der Mediziner noch häufig beruflich in Hannover, aber die Kollegen merkten: „Der kommt nicht mehr zurück.“ Es hatte sich herumgesprochen, dass er in Magdeburg verwurzelt ist. Es gefiel Professor Rothkötter, dass sich seine berufliche Entwicklung mit der von der Universität und der von der Stadt ergänzte. Alles pulsierte, veränderte sich. Ein wesentlicher Punkt war, meint der Direktor, dass sich die Stadt dazu bekannte, ein Wissenschaftsstandort zu sein. Das prägt Magdeburg, sagt er und nimmt mit Freude wahr, wie viele Besucher bei der Langen Nacht der Wissenschaft über den Campus ziehen. „Wir sind eine überzeugende Großstadt“, erklärt Professor Rothkötter. Allein die Kultur, die in der Stadt steckt, sei ein Argument. In seiner Freizeit bastelt er an der Modellbahn, geht ins Theater oder besucht Orgelkonzerte. Seine Musik-Liebe gilt der Königin der Instrumente. „Vier bedeutende Orgeln auf so engem Raum, wo gibt es das sonst noch?“, fragt er stolz. „Und der Dom gehört zu den wenigen Stellen, die mir ein Gefühl von Besonderheit vermitteln“. Auch das präge die Beziehung zur Stadt. Auch darum unterstützt er die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas und sagt: „Das kann beachtliche Kräfte freisetzen.“ Damit könnten auch junge Leute begeistert werden. Allerdings müssten dafür weiter Entscheidungen getroffen werden, die den Nachwuchs veranlassen, zu bleiben oder zu kommen. „Ein großer Schritt nach vorn ist möglich, wenn das Land entscheidet, die universitäre Medizin zu unterstützen.“ Daran knüpft sich seine Hoffnung, dass sich über die Universität eine neue Art von Arbeitsplätzen und Gewerbe entwickelt. Denn: „Wissenschaft und Forschung induzieren Arbeitsplätze“, erklärt er. „Da sehe ich ganz großes Potenzial.“

Professor Dr. Hermann-Josef Rothkötter