Bei Jörg Dahlke kann man behaupten, dass er eine besondere Sicht auf Magdeburg hat. Er hat bereits vielen Einwohnern tief in die Augen geschaut. Das ist sein Job als Optiker. Zugleich fand er aber auch bei tieferen Blicken – auf die Magdeburger und ihre Stadt – den letzten „Kick“ dafür, die Elbestadt in sein Herz zu schließen. Wenn er heute die Augen schließt und an Heimat denkt, hat der 52-Jährige ganz kurz Bartmannshagen bei Stralsund vor Augen. Dort wurde Jörg Dahlke geboren. Der Vater arbeitete in den Krankenhäusern von Fürstenwalde, Havelberg oder Potsdam. Die Familie zog häufig um. So war Jörg Dahlke nie ganz verwurzelt. Jetzt lebt er seit 30 Jahren in Magdeburg. In der Stadt, die ihm anfangs den Atem verschlagen hat – im negativen Sinne. „Die Häuser waren schmutzig, die Straßen schlecht, und selbst die Luft zum Atmen fand ich dreckig“, erinnert sich der Optiker an seine ersten Eindrücke. Die Menschen fand er unnahbar. Am liebsten hätte er sein Ränzlein geschnürt und wäre zurück nach Potsdam gefahren. Ein Lehrlingskollege in Magdeburg hatte Jörg Dahlke gefragt, ob er bei seinem Weggang seine Stelle bei einem Optiker besetzen wollte. „Es war ein schneller Entschluss“, sagt er. Dann saß er plötzlich allein in einer Stadt, die er nicht mochte. All das änderte sich allerdings mit einem Besuch im Jugendklub „Exlibris“. Der Optikergeselle lernte dort viele Magdeburger kennen, fand sie gar nicht mehr so unnahbar. Dem Klub blieb er treu, nicht nur als Gast. Jörg Dahlke half als Barmann, stand am Einlass, war später Veranstaltungsleiter und stellvertretender Klub-Chef. „Die ganze Stadt sah für mich anders aus“, sagt er. Zwei Jahre nach seiner Magdeburg-Ankunft schaute Jörg Dahlke auch einer besonderen Frau tief in die Augen und heiratete sie. Er machte seinen Meister und beschloss, selbstständig zu werden. Gemeinsam mit einem Freund eröffnete Jörg Dahlke im August 1990 sein erstes von zwei Geschäften. „Ich hatte keinen Grund mehr, aus Magdeburg wegzugehen“, sagt der Unternehmer. Er fand nie wieder einen. In 30 Jahren hat er in dieser Stadt viel erlebt. „Zehn Jahre lang war ich kein wirklicher Magdeburger“, sagt Jörg Dahlke, „aber jetzt bin ich es durch und durch“. Das liegt daran, dass die Stadt einen „unglaublichen Wandel vollzogen hat“ meint er. Es liegt jedoch auch daran, dass er genau hinschaut. Die Magdeburger und ihren Humor mag er schon lange gut leiden. Allerdings stört es den Wahl-Elbestädter, dass „immer noch so wenige Einwohner positiv über ihre eigene Stadt sprechen“. Er jedenfalls lässt keine Gelegenheit aus, zeigt Optikerkollegen aus den westlichen Bundesländern seine Stadt und lässt sie erst wieder fahren, wenn sie auch schwärmen. Jörg Dahlke schwärmt selbst gern in den Rotehorn- oder Herrenkrugpark aus. Die Ruhe inspiriert ihn, aber auch die laute Rockmusik, die er mit seiner Band „Flying Bridge“ spielt. Er schaut eben gern in mehrere Richtungen, aber bitte nur von Magdeburg aus.

Jörg Dahlke