Angehende junge Künstler, die in Magdeburg Musik machen wollen, kommen schon seit vielen Jahren nicht um das Gröninger Bad in Salbke mit seinem Trägerverein „Aktion Musik“ herum. Gregor Schienemann, pädagogischer Leiter im Zentrum an der Gröninger Straße, erklärt den Hergang des Hauses: „Wir haben das Haus 1992 übernommen und haben damals Workshops im Musikbereich angeboten, was vor der Wende eben nicht ging.“ Hauptsächlich Rock und Pop sei damals erklungen, offen für alles sei das Team des Gröninger Bades immer schon gewesen.

„Ab 1993 kamen dann mit den Workshops immer mehr junge Leute ins Haus. Nach und nach haben wir einen Proberaum und verschiedene Studios gebaut“, erinnert er sich. Die intensive Arbeit zahlt sich aus: „Heute können wir jedem helfen, der ins Bad kommt und sagt, dass er gern mal eine Band gründen oder einen Song produzieren möchte. Wer zu uns kommt, kann unsere technische Ausrüstung benutzen oder auch nur das Wissen unserer Mitarbeiter.“

„Vor 15 Jahren kam noch das Medium Film dazu, Musik ohne Film und andersherum ginge heute einfach nicht mehr“, sagt Schie-mann. Ganze Schulklassen können so Erfahrungen sammeln, auch Musikvideos von Bands werden aktuell im Gröninger Bad produziert. Das Angebot wird rege genutzt. Mehr als 100.000 Schüler und erwachsene Besucher kann das Zentrum seit der Eröffnung zählen. Einige der Schüler kämen später selbst als Musiker oder Lehrer mit ihren Schülern wieder. Und die Erfolge sind nicht nur im Kleinen zu finden: „Wir haben damals ‚Tokio Hotel‘ zusammengebracht, die Jungs spielen bis heute international zusammen. ‚Rosenstolz‘ hat vor vielen Jahren hier mal vor 80 Leuten gespielt, später waren es 35.000 Menschen bei ihren Konzerten anderswo“, sagt Gregor Schienemann und betont nicht ohne Stolz, dass das Gröninger Bad eben auch den Startpunkt setzen kann für ganz große Karrieren.

Seit rund einem Jahr ist Kerstin Reibold als Geschäftsführerin an Bord im Gröninger Bad.

„Wir sind ein Musik- und Medienzentrum für junge Leute, Musik und Medien sind unsere Methode, um mit jungen Leuten zu arbeiten“, sagt sie. Auch sie legt großen Wert darauf, Musik und Film nicht zu trennen. „Wir haben ein tolles Tonstudio hier, sogar ein Fernsehstudio konnten wir dank einer Stiftungsförderung einrichten. So können sich Kinder mit der Kamera, Licht- und Tontechnik oder auch Redaktion beschäftigen und vielleicht feststellen, dass sie genau das später mal als Beruf machen wollen“, schwärmt sie.

Kinder und Jugendliche an Kreativität mit Technik heranzuführen, sieht sie auch als Teil der Kultur. „Für mich ist Kultur einfach Lebensqualität, ohne würde mir wirklich etwas fehlen. Der Umgang miteinander ist dabei genauso wichtig wie Künstler und Musik, und Kultur ist für mich weitaus mehr als nur Arbeit. Ich verbinde damit auch Entspannung“, sagt Schienemann. Da ist es auch kein Wunder, dass Kerstin Reibold ein begeistertes „Wir sind dabei!“ ruft, als sie nach ihrer Meinung zur Bewerbung Magdeburgs um den Titel der „Kulturhauptstadt Europas 2025“ gefragt wird.

Ihrer Meinung nach stehen die Chancen für die Elbestadt gut: „Weil wir noch urbanes Entwicklungsgebiet haben und Visionen entwickeln können. Ich setze große Hoffnungen in diese Bewerbung.“ Schienemann ergänzt: „Der Titel ist gar nicht so wichtig, aber allein der Prozess aktiviert ganz viel in der Zeit davor. Klar wäre der Titel die Krönung, aber wir haben auch starke Konkurrenz.“ Dennoch habe sich bisher schon viel entwickelt in der ehemaligen Stadt des Schwermaschinenbaus, aber da ginge noch was.

Eine eigene Vision hat Kerstin Reibold für das Gröninger Bad. „In fünf Jahren heißt die Straßenbahnhaltestelle so wie das Gröninger Bad, weil alle wissen, wo das ‚Gröni‘ ist. Wir haben eine regelmäßige Kindersendung und sind als Kulturzentrum etabliert mit unserem neuen Anbau, der 2019 fertig sein soll. Und junge Familien ziehen in den Stadttteil, weil sie es sich hier gut leben lässt und hier immer etwas los ist“, sagt sie und lächelt. In Magdeburg sind schon ganz andere Visionen wahr geworden.

Bildquelle: Stadtmarketing Magdeburg

Kerstin Reibold, Gregor Schienemann


"Aktion Musik e.V."