Wenn es um ganz besondere Bilder geht, dann kann man Wolfram Stäps nichts vormachen. Der Vorsitzende des Vereins „Zinnober - Offener Kunstverein für Menschen mit geistiger Behinderung“ hilft seit mehr als 20 Jahren Menschen mit geistigen Behinderungen, ihre künstlerische Ader auszuleben. „Einige Menschen haben eine Begabung, ein Talent, und manche davon haben eben auch eine geistige Behinderung“, sagt er. Bei „Zinnober“ können Künstler*innen ihr Talent ausleben. Stäps möchte Künstlern einen Raum geben, in dem sie einfach genauso sein können wie sie sind.

Zu „Zinnober“ kommen die Künstler selten durch Zufall. „Meistens erzählt mir jemand von einem Menschen, der in einer Behindertenwerkstatt arbeitet oder in einem Wohnheim lebt und malt. Ich schaue mir das dann an und lerne den Künstler kennen. Eine Begabung muss schon da sein“, setzt er den Rahmen für das Miteinander in seinem Atelier an der Großen Diesdorfer Straße in der Beimssiedlung. Wenn es miteinander passt, können die Künstler ins Atelier kommen. „Meistens kommen sie dann nach der Arbeit und entspannen sich bei ihrer Malerei“, sagt er. Momentan gehören neun Männer und Frauen mit einer geistigen Behinderung zum Atelier, sieben davon sind schon solange dabei, wie es existiert.

Wolfram Stäps ist allerdings schon ein wenig wählerisch bei der Auswahl der Künstler. „Die Bilder müssen Brisanz haben, da muss etwas Neues drinstecken“, sagt er. Die sogenannte Outsider-Kunst der Menschen mit Behinderungen sei besonders vielfältig und unendlich kreativ, das reize ihn so daran. „Unsere Künstler sind frei in ihrer Arbeit, da mische ich mich nicht ein, weil sie ja schon Talent mitbringen“, erklärt er. Wenn jemand schon jahrelang dabei sei, zeige er manchmal eine neue Technik, damit sie sich weiter entwickeln können. Ob die Künstler diese neue Technik dann auch benutzen, liege aber ganz bei ihnen.

Stäps weiß aber auch: „Manche Künstler sehen unsere Arbeit kritisch, aber gerade junge Künstler sind begeistert davon, dass aus dem Bauch heraus gemalt wird.“ Die „Zinnober“-Künstler würden allesamt aus dem Gefühl heraus malen. Die Magdeburger Künstler erarbeiten sich alles selbst, bekommen keine Zuschüsse von der Stadt.

„Wir sind unabhängig, aber manchmal steht uns das Wasser auch bis zum Hals. Ohne unsere stetigen Unterstützer würde es nicht gehen“, sagt Stäps. Zum Bauhaus-Jubiläum 2019 will er seinen Künstlern passend zur Umgebung in der Bauhaus-Siedlung rund um die Beimsstraße auch kunstgeschichtliche Weiterbildungen präsentieren, damit sie am Jubiläum mitwirken können. Schließlich säße das „Zinnober“-Atelier mitten in der Siedlung.

Regelmäßig fahren die „Zinnober“-Künstler auch zu Ausstellungen in ganz Deutschland, finden bundesweit und international Anerkennung. „Wir waren gerade bei der Kulturnacht in Gütersloh, sind immer wieder in Münster zu Gast. Wir spielen da mit unserer Arbeit schon in der Bundesliga, und ich bin sehr stolz darauf“, rückt Stäps die Vereinsarbeit ins passende Licht.
Kultur bedeute für ihn ein vielfaches Miteinander, „so dass man sich untereinander bereichert an den Dingen, die da sind, an Vorstellungen. Je mehr ich von anderen erfahre, desto toleranter wird mein Blick. Durch die Kunst, die unsere Künstler zeigen, tritt ihre Behinderung in den Hintergrund und die Kunst in den Vordergrund“.

Kultur ist für Stäps eine Sache, bei der sich Menschen aneinander freuen und achten. Die Bewerbung um den Titel der „Kulturhauptstadt Europas 2025“ fand er am Anfang „sehr mutig“. „Aber egal, was am Ende rauskommt, der Weg ist das Ziel. Die Bewerbung wird die Stadt immer bereichern und bringt uns in Kunst und Kultur weiter voran. Viele Menschen können so offener und freier im Denken werden“, schätzt er ein.

Für seinen Verein hat Wolfgang Stäps für die kommenden Jahre eine Vision: „Ich stelle mit eine Galerie für spektakuläre Kunst vor, so etwas fehlt noch in Magdeburg. Und wenn wir eine Festanstellung für den Verein bekommen könnten, wäre das für Organisatorisches schon sehr förderlich.“ 

Bildquelle: Stadtmarketing Magdeburg

Wolfram Stäps


"Kunstverein Zinnober"