Wer in Magdeburg leidenschaftlich inszeniertes Theater abseits der großen Bühnen sucht, kommt an den Aufführungen der „Kammerspiele“ nicht vorbei. Benannt als Hommage an die „Freien Kammerspiele“, die in der Wendezeit Anfang der 1990er Jahre die Magdeburger Theaterszene kräftig aufmischten, besteht der Verein „Kult“ dahinter seit 2003.

„Wir hatten uns eine Weile in alle Welt verstreut, ich selbst war mit Michael Günther in der Schweiz und in Wiesbaden, und irgendwann stand die Entscheidung, zurück nach Magdeburg zu gehen“, erinnert sich Schauspielerin und Sängerin Susanne Bard.

Die Mitbegründer der „Kammerspiele“ standen vor der Wahl, als Angestellte weiter Theater zu spielen oder mit ihrem Autoren Dirk Heidicke neue Wege zu gehen. „Und so haben wir den Verein gegründet, um unsere Theaterserie „Olvenstedt probierts“ im Sommer wieder aufleben zu lassen“, sagt Heidicke. Das eigene Theater, in dem die Schauspieler selbst mit-, aber keiner von außen mehr reinreden kann, gibt es seit 2014.

„Magdeburgs Theaterszene kann neben dem, was es schon gibt, auch noch die „Kammerspiele“ vertragen, in Städten vergleichbarer Größe gibt es meistens auch nicht nur das Stadttheater“, spricht Susanne Bard aus ihrer Erfahrung. Einen eigenen Theaterbau haben die „Kult“-Mitglieder zwar nicht, bisher sei das aber auch nicht nötig gewesen, sagt sie: „Wir finden schon die passenden Räume, zum Beispiel im Forum Gestaltung, der Feuerwache oder im Gesellschaftshaus“.

Zuviel Kultur könne Magdeburg auch nach Meinung von Dirk Heidicke nicht haben: „Das geht gar nicht. Das städtische Theater ist gut aufgestellt, die freien Theater schrumpfen sich gesund, wenn es zu viele werden sollten, wir haben da jedenfalls unseren Platz gefunden.“

Verbunden mit der Stadt fühlen sich Bard und Heidicke sowie die beiden anderen Mitbegründer Michael Günther und Meyke Schirmer auf jeden Fall. „Wir können zwar immer nur eine Spielzeit weit planen, und schon das macht sehr viel Mühe.“ Und es geht nicht alles, was sich die „Kammerspieler“ wünschen würden. „Mehr als fünf bis sechs verschiedene Produktionen pro Spielzeit können wir nicht stemmen, wir sind ja nur vier Aktive mit vielen ehrenamtlichen Helfern“. Da müsse auch mal ein Projekt verschoben werden, wenn die Zeit einfach zu rar wird.

Zwei ihrer Rollen liegen Susanne Bard allein schon wegen ihrer Länge sehr am Herzen: „Das sind einmal The Kraut, also Marlene Dietrich, und Mephisto. Die Diva und der Teufel sind schon sehr gegensätzlich, aber hochinteressant. Und Beate Braune aus „Olvenstedt probierts“ als Parodie auf eine Diva passt auch gut dazu.“ Für neue Geschichten besteht ein großer Fundus: In Magdeburgs reicher Geschichte sowie in seiner Gegenwart finden sich zahllose Anknüpfungspunkte für neue Stücke.
„Die Ideen liegen in der Luft, wann eine zu mir kommt, ist nicht steuerbar“, sagt Dirk Heidicke. Er selbst ist ebenfalls auf „The Kraut“ sehr stolz – das Stück um die Hollywood-Diva Marlene Dietrich feierte deutschlandweit Erfolge – und zählt auch die „Olvenstedt probiert‘s“-Reihe zu seinen Lieblingsstücken.

„Kultur ist so selbstverständlich, das kann ich gar nicht beschreiben. Für mich ist sie Lebenselixier, ein Leben ohne Kultur kann ich mir nicht vorstellen“, schwärmt Susanne Bard, nach ihrer Definition von Kultur gefragt. Auch die Erinnerung an die Historie funktioniere ihrer Meinung nach viel über Kultur. „Wenn man eine vergangene Zeit emotional verstehen will, muss man Stücke und Musik und Bücher aus einer bestimmten Periode konsumieren“, sagt sie. So kommt es nicht von ungefähr, dass Susanne Bard die Bewerbung Magdeburgs zur Kulturhauptstadt Europas 2025 großartig findet. „Magdeburg macht gerade so einen richtigen Abflug, ich befürworte das unbedingt. Für die Stadt ist das eine Chance, sich selbst noch mal neu zu begreifen.“

Heidicke stimmt ihr zu: „Was im Verborgenen arbeitet, kann so sichtbar gemacht werden, ich verspreche mir davon sehr viel. Selbst wenn es nicht klappt, bringt allein die Bewerbung was. Man muss das ja auch mit Leben füllen, allein der Prozess ist unheimlich wichtig für Magdeburg.“

Bildquelle: Stadtmarketing Magdeburg

Dirk Heidicke, Susanne Bard


Kammerspiele Magdeburg