Wirkliche Piraten sind sie nicht, auch wenn sie den Begriff im Namen tragen. Obwohl es sich die „Urbanpiraten“ seit zehn Jahren zur Aufgabe gemacht haben, leerstehende Räume und Orte in Magdeburg im übertragenen Sinne zu entern und sich den ungenutzten Stadtraum zurückzuholen. Vielmehr will das Bündnis um Florian Sosnowski Kultur und Kunst an die Bewohner zurückzugeben.

In lockerer Runde habe er sich damals mit Steffen Jany und Matthias Sasse zusammengefunden und über den Leerstand nachgedacht. Dabei ist ihre erste Kunstveranstaltung entstanden. „Ein Freund wohnte in der Einsteinstraße, und wir fragten uns alle, was aus der großen, aber vermieteten Wohnung in seinem Haus, direkt über dem damaligen Kartoffelhaus, gemacht werden könnte“, erinnert sich Florian Sosnowski. Mit dem Eigentümer konnten wir uns schnell einigen und haben einfach losgelegt“. Jeder Raum wurde von einem anderen Künstler gestaltet, am Wochenende wurden Live-Bands oder Aktionen geboten. Die Lage am Hasselbachplatz sorgte zusätzlich für Besucherfrequenz. Damit trafen die „Urbanpiraten“ scheinbar den Nerv der Zeit. „Das Publikum hat uns geradezu überrannt und wir wollten unbedingt weitermachen“, erzählt einer der „Gründungspiraten“.

Seitdem folgten zahlreiche Veranstaltungen mit ungewöhnlichen Formaten und Orten. Konzerte, Kunstaktionen, Tischtennisturniere, Fassadenkino, bei dem es mit dem Fahrrad quer durch die Stadt geht, oder Filmabende im Glacis, am Schellheimer Platz oder an den „Gruson-Gewächshäusern“. Emotional hängt Sosnowski besonders an der Veranstaltungsreihe „Schwarzes Gold“, die der Liebe zur Schallplatte gewidmet ist. In kleinen Runden treffen sich Liebhaber und Freunde des Vinyls, spielen ihre Lieblingssongs und reden über die Platten.

Nach seiner Lieblingsveranstaltung gefragt, weiß der Familienvater sofort die Antwort: die Aktion im Blauen Bock. „Mit der Kunstveranstaltung in der Innenstadt haben wir viele Leute erreicht und viel Aufmerksamkeit erregt“, sagt er. Im Oktober und November 2010 bespielten die „Urbanpiraten“ ein Achtel des alten Bauwerks mit Kunstausstellungen, Lesungen, Konzerten und Kabarett. Dafür konnten sie lokale Kulturschaffende sowie namhafte Künstler gewinnen. „Das hat uns insgesamt viel Anerkennung und Zuspruch der Besucher eingebracht“, weiß Florian Sosnowski. Noch heute spüren er und seine Mitstreiter den Wiederhall von damals.

Aus dem Kollektiv der „Urbanpiraten“ wird künftig ein Verein werde: „Trotzdem sind unsere Veranstaltungen mehrheitlich spendenfinanziert“, erklärt Sosnowski. Wichtig seien die Freiheiten, etwas zu machen, was ihm und seinen Mitstreitern wirklich Spaß mache. Vor fünf Jahren haben sie sich mit dem Kollektiv „Tor 5“ zusammengeschlossen und schultern gemeinsam die ehrenamtliche Arbeit; drei bis vier Leute gehören heute zum Kernteam der Veranstaltungen.
„Am Anfang habe wir das aus Liebe zu einer Musikrichtung gemacht und wir haben uns gefreut, wenn diese Bands nach Magdeburg kamen. Jetzt geht es uns auch darum, die Vielfalt von Kultur, Kunst und der Kreativszene in Magdeburg zu zeigen und die Mitwirkenden zu unterstützen“, sagt der studierte Gesundheitswissenschaftler über seinen ganz persönlichen Antrieb. Kultur sei für ihn Unterhaltung, ohne Kategorisierung, aber als Mittel, um die Menschen aus ihrer vermeintlichen Alltagsschwere herauszuholen.

Die Bewerbung Magdeburgs als „Kulturhauptstadt Europas 2025“ erwarten die „Piraten“ mit Spannung „und begrüßen die Bewerbung, da uns dadurch Möglichkeiten erwachsen, in der Stadt etwas zu bewegen“.

Das Erobern können die Urbanpiraten aber nicht ganz abstreiten. Die Herzen und Sympathien vieler Magdeburger hat sich das Kollektiv längst gesichert und sich auch eine wachsende Fangemeinde von Kulturliebhabern aufgebaut.

Bildquelle: Stadtmarketing Magdeburg 

Florian Sosnowski


"Urbanpiraten"