Francisco Marchant ist ein Kreativer, wie er im Buche steht. Er lebt Visionen, fühlt sich in die Menschen ein, die seine Kreationen kaufen und geht, wenn es sein muss, lange Wege, um seine Ziele zu erreichen. Das wird schnell klar, wenn man mit dem 38-Jährigen in seiner Designmanufaktur im Zentrum Magdeburgs spricht. "Als Kreativer ist man eine Art Psychologe", sagt der Schmuckdesigner, "man muss mit seinen Konzepten die Menschen abholen, mit dem, was man kreiert, Gefühle erzeugen". Er selbst folgt seinen Gefühlen, seit er anfängt, kreativ zu arbeiten.

Mit 22 Jahren fasst er den Entschluss, mit seiner damaligen Frau nach Deutschland auszuwandern. Der Spross einer Architekten- und Bauingenieurfamilie, die in Chile hohes Ansehen genießt, taucht für zwei Monate in das Berliner Leben ein. Es ist Zufall, dass seine Partnerin den Studienplatz in Magdeburg erhält. Während sie sich ins Psychologie-Studium vertieft, überlegt Marchant, was er aus seinen kreativen Ideen machen kann. Sein Architekturstudium wird in Deutschland nicht anerkannt. Er erinnert sich daran, wie er schon in der Schule Ketten verschönert hat und versucht es "aus einer Eingebung heraus mit Schmuck". 2008 eröffnet Francisco Marchant den Schmuckhandel "Celtic Roots" und baut sich einen festen Kundenstamm auf. Aber er möchte bald mehr sein "als nur ein Goldschmied", gründet  die Designmanufaktur "Le Marchant" im Herzen der Ottostadt Magdeburg. Finanzielle Unterstützung kommt von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt. "Die haben immer an mich geglaubt, auch wenn es noch so verrückt klang", sagt er. Die unkomplizierte Förderung gehört zu Gründen, warum er hiergeblieben ist – und bis heute so gern in Magdeburg lebt, dass er "nach Reisen durch die Welt jedes Mal froh ist, wieder in sein Zuhause nach Magdeburg zurückkehren zu können".

In seiner Manufaktur vereint der Kreative, der sich mit Videos, Fachbüchern und dem Hang "einfach mal was auszuprobieren" alles selbst beibringt, Design und Handwerk, traditionelle Fertigung und moderne Technik. Zu seinen sieben Mitarbeitern gehören Spezialisten und Autodidakten aus der Region und verschiedenen Ländern. In der Manufaktur wird in drei Sprachen kommuniziert. Alle im Team eint der Hang, einzigartigen Schmuck von rockig bis elegant zu erschaffen. Diese Leidenschaft steckt an, es spricht sich herum, was in der Ottostadt kreiert wird. Prominente entdecken die Magdeburger Schmuckstücke für sich. Mit seinen Kollektionen spricht er jene an, die mit Schmuck ein Statement liefern wollen. Seine erste Kollektion "Black Baron", vor Jahren kreiert, läuft heute immer noch erfolgreich.

Schmuck

Handballstar Stefan Kretzschmar trägt Stücke mit der Rock’n’Roll-Anmutung und den barocken Stilelementen, Moderatorin Sophia Thomalla, Udo Lindenberg, Alex Völkel, Sänger der Band "The Boss Hoss", die US-amerikanische Rockgruppe "Rival Sons", amerikanische Produzenten und viele andere Showgrößen zeigen die Ketten, Armbänder, Ringe oder Ohrringe. Selbst die Kirche schöpft aus dem kreativen Potenzial. "Le Marchant" hat die Kollektion "Luther 2017" in Kooperation mit der Schlosskirche Wittenberg entworfen, fertigt im kirchlichen Auftrag die "Lutherrose".

KetteDas Geheimnis seines Erfolges lässt sich schwer zusammenfassen. Eine "Zutat" könnte die detailverliebte Herstellung des Schmucks sein, die bei "Le Marchant" gepflegt wird. In Deutschland gibt es ohnehin nur eine überschaubare Anzahl an Schmuckmanufakturen. Bei Francisco Marchant werden komplexe Stücke in Handarbeit gefertigt, jahrhundertealte Goldschmiedetraditionen gepflegt, aber auch 3D-Drucker eingesetzt. Die Veredelung mit Handgravuren oder Steinfassungen – filigrane Arbeiten, die in anderen Manufakturen oft außer Haus erledigt werden – entstehen in den eigenen Räumen.

Parallel dazu initiiert Marchant Forschungsprojekte. Aus einem ist nach zwei Jahren ein neues Metall "erwachsen". Mit Trauringen aus Tantal mischt Marchant den Schmuckmarkt in Deutschland auf. Als erste Schmuckhersteller produzieren die Magdeburger eine komplette Kollektion aus diesem Stoff. Jetzt liefern sie auch nach Österreich, Kunden in Belgien und den Niederlanden zeigen Interesse. Die meisten Produkte werden von Magdeburg aus international vertrieben. Die Laufkundschaft macht nur einen kleinen Anteil des Geschäftes aus. Und doch ist Marchant der direkte Kontakt zur regionalen Kundschaft wichtig. "Ich gehöre schließlich hierher, fühle mich als Magdeburger", sagt der Schmuckdesigner. "Für mich kam es nie in Frage, Magdeburg zu verlassen. Hier ist es deutlich einfacher, etwas entstehen zu lassen, als in vielen anderen Städten." Marchant hebt neben den finanziellen Förderungen die günstigen Mieten hervor, die ein Geschäft in zentraler Lage möglich machen und die "idealen logistischen Möglichkeiten".

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Francisco Marchant ist eng verknüpft mit der kreativen Branche der Stadt, gehört damals zu den Ersten, die sich beim "Kreativsalon" präsentieren, hat die Reihe "otto macht  mode" in der sachsen-anhaltischen Landesvertretung in Berlin mit auf die Beine gestellt. Er wirbt dafür, dass es noch mehr "sichtbare Plattformen für die vielen fleißigen Kreativen in Magdeburg" geben soll. Und er freut sich über die Bewerbung Magdeburgs für den Titel "Kulturhauptstadt Europas" und sagt: "Das ist eine tolle Geschichte, egal, ob es klappt oder nicht. Die Bewerbung ist ein Motor, der hier etwas voranbringen kann."

Francisco Marchant


LE MARCHANT- Schmuckdesign