Dass Magdeburg die Stadt des Schwermaschinenbaus war und ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Und dass für den geborenen Lübser Chris Rehse der Fokus des Wirtschaftsingenieur-Studiums auch mehr auf dem Maschinenbau lag, war genau richtig.

"Ich war schon immer ein Bastler und wollte Dinge machen, die einen echten Nutzen haben", sagt er. Mit seinem Startup-Unternehmen Neotiv arbeitet Rehse, der auch einen Doktortitel trägt, an einer Anwendung, die Gedächtnistests zur Früherkennung von Demenzsymptomen in einer App für Smartphones und Tablets zusammenfasst.

"Die Anwendung ist weder Therapie für Demenzerkrankungen noch Heilung,  durch die Früherkennung von Demenzsymptomen bilden wir zuallererst einmal das Tor zu therapeutischen Maßnahmen. Im Zusammenspiel mit Ärzten und pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Maßnahmen kann dann dazu beitragen werden Progression der Krankheit abzuflachen", sagt er. Doch auch damit wäre Kranken und  ihren Familien schon sehr geholfen, sieht er den ethischen Mehrwert der Ausgründung aus der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Für das junge Unternehmen ist die Entwicklung und Forschung mit digitalen Biomarkern eine große Herausforderung  aber die Neugier treibt das Team um Chris Rehse weiter.

Magdeburg sieht Chris Rehse als guten Standort. "In einer anderen Stadt hätte sich unser Team nie gefunden. Die Unterstützung, auch die finanzielle, ist gut hier und ich wüsste gar nicht, wohin ich gehen sollte, wo ich ein besseres Netzwerk finden könnte", schwärmt Rehse. Besonders wichtig sei für ihn das Netzwerk aus Mentoren. Potenzial sieht er allerdings in der Gründungskultur. "Ich habe im Studium auch Zeit in den USA verbracht, dort geht man ganz anders damit um, wenn sich Studenten selbständig machen. Auch Professoren beteiligen sich dort gern an jungen Unternehmen", sagt er.

Es würde auch nicht schaden, wenn vorhandene Unternehmer ihre Erfahrungen teilen würden, meint er: "In Deutschland, und damit auch in Magdeburg, ist es nicht gerade gang und gebe, sein Erfolgsrezept zu teilen. Da unterscheiden sich einfach die Kulturen sehr." Er weiß aber auch, dass einfach alles funktionieren kann, wenn man ein gutes Team hat, in dem jeder weiß, was zu tun ist. Die Bürokratie, die unter anderem mit Fördergeldern zu tun hat, sei manchmal zwar nervenaufreibend, aber nötig, wie er sagt.

Nicht nur für Chris Rehses Arbeit ist Magdeburg der passende Ort, auch für sein Privatleben. "Ich bin gern draußen am Wasserstraßenkreuz, ich sitze gern in Cafés. Davon könnte es ruhig noch mehr geben, und auch Leute, die genauso gern darin sitzen wie ich, aber man muss auch die Kirche im Dorf lassen", sagt er schmunzelnd. Bei den vorhandenen Kulturveranstaltungen und Festivals findet er die Bewerbung zur Kulturhauptstadt "richtig interessant", denn wenn die richtigen Leute zusammenkämen, dann könne das gelingen.

Mit seinem Unternehmen will Rehse auch in zehn Jahren noch in Magdeburg sein. "Ich würde gern mit meinem Team ein Tor zur Demenzintervention öffnen und für weitere Schritte mit der Wissenschaft in Magdeburg und aller Welt zusammenarbeiten", sagt er.

Bild: neotiv/Julian Haupenthal

Dr. Chris Rehse


Neotiv