Ulrike Tietze, Uwe Thal, Helge HoffmannWie ein Puppenhaus wirkt der kleine verglaste Stahlbau im Inneren der Wallonerkirche: das neue Gemeindehaus. Die Wallonerkirche gehört zu den ältesten Kirchen der Stadt, besitzt aufgrund des Haus-in-Haus-Prinzips aber einen in Magdeburg einzigartigen Büro- und Versammlungsraum. Die Kirche St. Augustini wurde von 1285 bis 1366 als Teil des Klosters der Augustinereremiten errichtet. 1689 wurde sie wallonisch-reformierten Glaubensflüchtlingen übertragen. Seither trägt sie den Namen „Wallonerkirche“. Unzähligen Beschädigungen zum Trotz, vor allem im Zweiten Weltkrieg, stehen die Kirchenumfassungsmauern bis heute. Veränderungen waren jedoch dringend nötig: Denn die seit 1975 genutzten Räume des angrenzenden Gemeindehauses waren für die „Erben“ der Wallonen, die Ev.-reformierte Gemeinde Magdeburg nur durch eine schmale Treppe erreichbar, Toiletten ebenfalls Mangelware. Architektin Ulrike Tietze hatte die Idee zu einer Konstruktion „so leicht wie ein Papiermodell“, direkt im Langhaus der Wallonerkirche. 2009 begann die Bauplanung, Pfingsten 2015 war das kleine Gemeindehaus fertig gestellt. Anfangs stand so mancher dem Umbau skeptisch gegenüber. Mit Gemeindetagen wurde der Bau begleitet, um möglichst viele am Prozess zu beteiligen. Pfarrer Helge Hoffmann erinnert sich: „Auch ich befürchtete anfangs, dass sich der Umbau negativ auf die Atmosphäre der Kirche auswirken würde. Einige Gemeindeglieder mussten erst um die alte Kirche trauern dürfen, bevor sie sich für die neue Idee erwärmen konnten.“ Der Plan, ein Stahlskelett zu errichten und mit der historischen Fassade zu brechen, erschien gewagt. Doch der Mut der Bauherren wurde belohnt: durch die Verglasung des Stahlbaus gelang eine ästhetische Harmonie mit der Umgebung. Erfreulicher Nebeneffekt daran: eine bessere Akustik. Uwe Thal, Mitglied des Konsistoriums, erklärt:  „Der zuvor übermäßige Hall im Inneren der Kirche wird durch die Stahlkonstruktion scheinbar geschluckt. Die nun stimmige Akustik ermöglicht es uns, Chöre und Musiker einzuladen, um Konzerte zu veranstalten. Dadurch erhöht sich die Lebensqualität der gesamten Gemeinde.“ Die Wallonerkirche hat den Sprung in die Moderne geschafft, ohne dabei seine eigene wechselhafte Geschichte und die seiner Gemeinde zu vergessen. Hoffmann lobt: „Die Kirche wurden mit neuem Leben erfüllt und ich denke, das wirkt auch in die Stadt hinein. Wir zeigen mit dem Umbau, dass Gotteshäuser auch neu gestaltet werden können – und dass es sich lohnt, die Stadt immer wieder neu zu entdecken."

Fotos: Steinblock Architekten/ Stadtmarketing Magdeburg

Neustädter Straße 8


Wallonerkirche