Jörg GärtnerDie Ottostadt Magdeburg hat eine bewegte Baugeschichte. Von historischen Bauten bis zu modernen Gebäuden – in allen stecken Erinnerungen, Anekdoten und Kultur. Damit verbunden sind die Geschichten der Einwohner. Jörg Gärtner ist schon von Berufs wegen mit der Architektur seiner Heimatstadt stark verbunden. Der Magdeburger leitet mit seinen Ingenieurkollegen ein Planungsbüro für Ingenieurleistungen im Bauwesen. Tragwerksplanung, Bauphysik, Ausführungspläne für Tragkonstruktionen heißen die Aufgaben. Oder, wie es Jörg Gärtner selbst einfach zusammenfasst: „Wir sorgen dafür, dass alles möglichst lange hält.“ Er hat der Architektur Magdeburgs seinen  Stempel aufgedrückt, auch wenn man es nicht sehen kann – und auch nicht soll. „Wir arbeiten im Hintergrund, müssen vieles leicht aussehen lassen und Rätsel lösen“, sagt Jörg Gärtner. Einige Rätsel hat ihm vor vier Jahren auch das Bauvorhaben in der Morgenstraße 62 aufgegeben. Im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg haben er und seine Kollegen die Fertigteilhäuser aus den 50er Jahren auf Herz und Nieren geprüft. „Die Besonderheit war die Bausubstanz“, erinnert er sich. In den Nachkriegsjahren konnte für die Plattenbauten nur das Material verwendet werden, das es gerade gab und das waren die Reste der zerstörten Häuser. Die Königsdisziplin bei der Sanierung der Gebäude in der Morgenstraße war die Prüfung der Decken. „Keiner von uns wusste, wie man die Tragfähigkeit der vorgefertigten Stahlbetondecken nach heutiger Norm berechnen konnte“, erinnert sich Jörg Gärtner. Können sie noch Jahrzehnte halten? Die Lösung fanden die Experten wie so oft mit einem Experiment und ungewöhnlichen Mitteln. Sehen kann auch diese Arbeit heute niemand. Dass sich die Gegend zur beliebten Wohngegend entwickelt hat, ist für den Bauingenieur die beste Bestätigung seiner Arbeit. Seit Büro hat etwa 70 Prozent der Bauprojekte betreut, die mit Plattenbauten zu tun hatten. „Wir kennen die Schwächen, aber auch Stärken dieser Gebäude“, so der Ingenieur. „Die Bezeichnung Platte wird heute leider oft negativ verwendet. Die rationelle Bauweise, die damals in kurzer Zeit viel Wohnraum geschaffen hat, ist aber grundsätzlich kein falscher Ansatz. Auch heute kann man mit vorgefertigten Teilen kostengünstig und schnell bauen.“ Als Bauingenieur freut er sich über die baulichen Veränderungen in Magdeburg. „Es wird noch viel passieren. In der Innenstadt und im Südabschnitt des Breiten Weges“, sagt Jörg Gärtner. „Spannend ist für uns aber auch, was sich in nächster Zeit in den großen Wohngebieten wie Nord oder Reform tun wird. Auch sanierte Häuser der Nachwende-Zeit sind inzwischen in die Jahre gekommen. Es wird modernisiert oder Platz für Neues geschaffen. Magdeburgs Baukultur hat noch unglaublich viel Potenzial.“

Morgenstraße 62


Jörg Gärtner