Es gibt nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen Magdeburg und Saratow. Die eine Stadt liegt in Mittelrussland an der Wolga, Magdeburg an der Elbe. Saratow hat über eine Million Einwohner, Magdeburg etwa 230.000. Familie Bauer kam als Spät-Aussiedler von der Wolga an die Elbe. Sie hat ein schönes Haus am Stadtrand mit einem großen Garten. Helene Bauer arbeitet als Laborantin, ihr Mann Roman als Elektrotechniker. Beiden hört man an, dass sie nicht aus Magdeburg kommen. Bei Diman, ihrem 16-jährigen Sohn, ist das längst nicht mehr zu hören. Er kennt Russland von Besuchen, aus Erzählungen. Magdeburg ist jetzt seine Heimat. Und auch seine Eltern verwenden das Wort Heimat, wenn sie von Magdeburg sprechen. Vor zehn Jahren kam die Familie nach Magdeburg. Größer ist sie geworden. Die 8-jährigen Zwillinge Marie-Sophie und Julia-Katharina wohnen seit mehr als einem Jahr bei den Bauers. Stolz zeigen die Pflegekinder ihre Schreib- und Rechenhefte, Lernen fiel ihnen früher schwer. Heute zeigen sie ihrer Mama, wie sie die 35-Jährige nennen, wie flink sie Aufgaben lösen können. Helena und Roman Bauer lösen andere Aufgaben. Ihr Haus war einst eine Ruine.

In vielen kleinen Schritten bauen sie das eigene Heim auf. „Das ist jetzt unser Zuhause“, sagt Helena Bauer und meint mehr als das Haus. „Hier fühle ich mich glücklich“, erklärt sie. Es war keine leichte Entscheidung, von Russland hierher zu kommen, erinnert sich Helena Bauer. „Aber alles passt jetzt“, sagt sie. In Deutschland fiel es beiden aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse zunächst schwer, Fuß zu fassen. „Aber man hat es uns hier sehr geholfen“, sagt Roman Bauer, der in Russland Jura studiert und als Polizist gearbeitet hat. „Wir können in Magdeburg viel mit den Kindern unternehmen“, sagt er. Sie gehen schwimmen, machen Fahrradtouren. „Die Zwillinge haben so viel Freude in unser Haus gebracht“, sagt Helena Bauer. „Ich wollte immer eine große Familie haben.“ Sie hat sich um die Kinder bemüht, verhandelte jahrelang mit dem Jugendamt, näherte sich den Mädchen behutsam bei den ersten Besuchen. Wenn sie bei der Arbeit ist, holt der große Bruder die Mädchen ab, geht mit ihnen zum Logopäden, kontrolliert die Hausaufgaben. Gemeinsam beobachten sie, wie sich die Stadt, die sie seit zehn Jahren kennen, verändert. „Es werden leerstehende Häuser abgerissen und Grünflächen entstehen, das ist schön“, sagt Helena Bauer.

Familie Bauer