Auf den ersten Blick kommt wohl niemand darauf, was Jargalmaa Rentsendorj beruflich macht. Die 25-Jährige ist zierlich, etwa 1,60 Meter groß und strahlt beim Lächeln. Die meisten Menschen, die sie kennenlernen, tippen auf einen Pflegeberuf. Und wenn sie hören, woher sie kommt, rufen viele „Dschingis Khan“ aus. Über beides lacht die junge Frau nur. Sie überzeugt mit ihrer Art und mit Taten. Da machen dann viele Menschen große Augen. Jargalmaa Rentsendorj ist Straßenbauerin. Und was für eine! Vor einem Jahr holt sie sich den Landestitel – wird als Sachsen-Anhalts Beste in diesem Beruf ausgezeichnet. Ihre Ausbildung schließt sie als Landesbeste ab.

Wie kommt es, dass sie sich hier eine berufliche Zukunft aufbaut? Die Antwort ist eine Mischung aus Zielstrebigkeit und Zupacken. Nach der Schule und zwei Jahren an der Universität zeigt ihr die Mutter eine Stellenanzeige – ein Unternehmen in Deutschland bietet Ausbildungsplätze im Baubereich an. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Ihre Mutter ist Ingenieurin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als junges Mädchen begleitet Jargalmaa sie oft ins Büro oder auf die Baustellen. Sie mag, was sie sieht. Der Funke ist übergesprungen und glimmt in ihr.

Im Jahr 2019 reist Jargalmaa Rentsendorj mit 21 Jahren aus ihrer Heimatstadt Ulan Bator nach Sachsen-Anhalt, um bei der Ausbildung zur Straßenbauerin zu machen. Sie kniet sich rein, erklärt gern, dass man zwar schon Kraft brauche – jedoch nicht nur. „Es gibt jetzt viele Technologie, die uns die ganz schwere Arbeit abnimmt.“ Mit „uns“ meint die inzwischen fertig ausgebildete Straßenbauerin vor allem ihre Kollegen und Kolleginnen. Im Betrieb ist sie dank einer Kooperation des Bau-Bildungs-Zentrums Magdeburg mit dem fernen Land nicht die erste Mongolin, die mit zupackt.

Bevor sie im Unternehmen zeigt, wie sie arbeiten kann, absolviert Jargalmaa – genannt Jak – eine 6-monatige Grundausbildung in einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte. Sie lernt schnell Deutsch, ist auch hier ehrgeizig. Sie sagt heute nach ihrer Ausbildung: „Das Beste waren meine Kollegen, Lehrer, tolle Menschen.“

Gern spricht sie über die Unterstützung, die sie „überall erhalten hat“. Auch über die Freunde, die sie findet. „Obwohl“, sagt sie und lacht, „eine Freundin hat mich gefunden“. Mindestens einmal in der Woche trifft sie sich mit einer 65-Jährigen, um zu „schnacken“. Sie lernen sich kennen, als Jak die Straße baut, in der ihre neue Freundin wohnt. „Der Altersunterschied ist egal. Ich mag es in Sachsen-Anhalt, dass die Menschen so offen sind“, sagt sie.

Das Heimweh schlägt nicht so oft zu, verrät Jargalmaa. Sie fühlt sich wohl in Magdeburg, in ihrer Freizeit trifft sie Freunde, hört Podcast, macht Sport. In ihrer Küche duftet es oft nach mongolischen Gerichten. Läuft alles so, wie es sich Jak vorstellt, könnte die Ottostadt bald ihr nächster Halt für längere Zeit werden. Ihre Wahl fürs Studium fällt schnell und problemlos. Jetzt muss der Plan nur noch in die Tat umgesetzt werden.

Derzeit macht Jargalmaa Rentsendorj ihre Fachhochschulreife, in den Ferien wird gearbeitet. Ab Oktober könnte die zielstrebige junge Frau in den Hörsälen der Hochschule Magdeburg-Stendal anzutreffen sein. „Ich möchte auf jeden Fall Bauingenieurin werden“, sagt sie, „und am liebsten hier in Magdeburg studieren“. Mehr als 8.000 Kilometer liegen zwischen ihrer Wahlheimat und der Hauptstadt der Mongolei.

Ob es Jargalmaa Rentsendorj wieder zurückziehen wird, kann sie noch nicht sagen. „Ich schaue immer nicht zu weit in die Zukunft“, erklärt sie. „Bis jetzt fühle ich mich hier in der Ottostadt sehr wohl. Ich kann mich hier gut weiterentwickeln.“

Von der Mongolei nach Magdeburg: Eine junge Frau baut an ihrer Zukunft


Jargalmaa Rentsendorj

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