In Magdeburg ist China zum Greifen nah. In der Ottostadt leben bis zu 1.000 Chinesen, an der Otto-von-Guericke-Universität stellt die Volksrepublik im Nationalitätenvergleich die zweitstärkste Gruppe. Seit 2008 verbindet Magdeburg mit der chinesischen Stadt Harbin eine tief gehende Städtepartnerschaft. Das sind erstmal nur die Fakten.
Was den Brückenschlag ins Reich der Mitte jedoch am meisten ausmacht, sind die Menschen, die aufbauen und pflegen, was für eine solche internationale Beziehung wichtig ist. Xiaomei Cai gehört dazu, eine erfolgreiche Gastronomin in der Elbestadt. Vor 20 Jahren kommt die ausgebildete Lehrerin aus Südchina nach Magdeburg, entschließt sich, beruflich das Fach zu wechseln. Sie fasst schnell Fuß, „findet die Stadt auf Anhieb gut“, wie sie sich erinnert, mag die Atmosphäre, erklärt ihren Bekannten und ihrer Familie immer gern, wo sie jetzt leben möchte: „Im schönen Magdeburg.“ Ihre beiden Kinder sind waschechte Elbestädter. Und wenn sie zurückblickt, sagt Xiaomei Cai, sieht und spürt sie, was sich alles verändert hat. „Die Kultur, die Wirtschaft, selbst die Menschen sind anders, offener“, sagt sie. Dass es auf diesem Weg weitergeht, dafür setzt sich die Magdeburgerin auch selbst ein.
Seit Jahren engagiert sich Xiaomei Cai in der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt. Mitglieder, Förderinnen und Förderer, Unterstützerinnen und Unterstützer des Anfang der 2000er-Jahre gegründeten Vereins blicken auf eine bewegte Zeit zurück – und sehr optimistisch in die Zukunft. In jüngster Vergangenheit prägt die Arbeit des Europäischen Bildungswerkes nach innen die Arbeit der Gesellschaft. Parallel dazu bauen Engagierte in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ein chinesisches Netzwerk auf, in dem sich Privatpersonen, die Stadt, die Hochschule Magdeburg-Stendal, die Universität, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende sowie Unternehmen einbringen.
Jetzt stellt man sich mit der Neu-Organisation der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft neu auf. Die Städtepartnerschaft zu Harbin, der „Hauptstadt des Winters“ mit dem weltberühmten Eis- und Schneefestival, ist der Ankerpunkt für die Beziehungen zwischen Magdeburg und China, sagt Rainer Nitsche. Der Wirtschaftsbeigeordnete a.D. und Vizevorsitzende der Gesellschaft spricht über Konferenzen mit wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bezügen in den Partnerstädten, auf die viel aufgebaut worden sei. In Magdeburg finden Netzwerkabende statt und Tagungen, zahlreiche Aktivitäten ebnen den Weg für unternehmerisches Interesse, chinesische Investitionen und Ansiedlungen. Delegationen besuchen die Ottostadt, das Chinazentrum in der Brandenburger Straße und die Länderbrücke GmbH ermöglichen wirtschaftliche und wissenschaftliche Kontakte, ein Repräsentant für eine chinesische Provinz steuert seine Aktivitäten von Magdeburg aus.
Hiesige Unternehmer erweitern ihre fernöstlichen Beziehungen, chinesische Schülerinnen und Schüler legen in Magdeburger Gymnasien ihr Abitur ab. Dr. Karsten Steinmetz, ebenfalls engagiert in der Gesellschaft, hebt die reichhaltigen kulturellen Beziehungen hervor, spricht von Ausstellungen und Festen.
Auf diesen guten Grundlagen soll nun weitergemacht werden, sagt Dr. Gundula Henkel, die nach vielen Jahren im Ausland 2008 nach Magdeburg zurückkehrt und sich für die deutsch-chinesische Beziehungspfl ege einsetzt. Die einstige Leiterin des Internationalen Büros für Wirtschaftsförderung der Stadt und China-Expertin spricht für die Deutsch-Chinesische Gesellschaft Sachsen-Anhalt, wenn sie sagt: „Wir möchten China präsentieren, vieles ausprobieren und gemeinsam tun, damit wir uns über Grenzen hinweg verstehen.“ Auch wenn die Verhältnisse zwischen den beiden Ländern derzeit nicht einfach sind, soll der Neuanfang mit viel Leben gefüllt werden.
Rainer Nitsche fällt sein Satz ein, der vor Jahren auf einer Veranstaltung zunächst für Heiterkeit sorgt: „Otto ist chinesisch.“ Für Dr. Karsten Steinmetz, Xiaomei Cai, Dr. Gundula Henkel und Rainer Nitsche bringt dieser Satz immer noch auf den Punkt, was sie meinen, wenn sie davon sprechen, die Beziehungen zu pflegen. Heute ergänzt Rainer Nitsche dann noch, zählt auf: „Otto ist indisch. Otto ist japanisch. Otto ist … eben international.“