„Ich habe keine Sekunde bereut, dass ich nach Magdeburg gekommen bin“. Julien Chavaz lässt keinen Zweifel daran, dass er die Ottostadt ins Herz geschlossen hat, dass sie ihn bewegt und fordert. Der gebürtige Schweizer kommt im Sommer 2022 an die Elbe, gesteht ein Jahr später, dass er damals „nicht viel über Magdeburg wusste“. Den Status Landeshauptstadt kann der neue Generalintendant damals zuordnen, den Fußballclub und die Elbe. Heute radelt Julien Chavaz mit Genuss durch die Straßen und Parks, sagt: „Eine Stadt, die sich kulturell entwickeln möchte, ist für mich ein sehr gutes Zuhause.“ Er schwärmt vom Raum – im echten und übertragenen Sinne – den es hier noch gibt. Magdeburg sei „noch nicht fertig gebaut“, könnte noch viel Potenzial ausschöpfen. „Ich merke, dass es Raum für neue Ideen gibt“, sagt er. Während in großen Städten das kulturelle Leben aufgebaut ist, gäbe es in Magdeburg „noch eine große Neugier und Lust auf Neues“. Noch etwas ist dem Künstler schnell aufgefallen: „Die Menschen hier freuen sich über alle, die internationale Impulse einbringen und die lokale Kultur prägen.“

Seine Wirkungsstätte ist ein pulsierendes Beispiel dafür, wie das funktionieren kann. Als eine Art Vorreiter für gelebte Internationalität bezeichnet Julien Chavaz das Theater Magdeburg. „Wenn Sie in den Aufzug steigen, müssen Sie sich schnell entscheiden, welche Sprache sie jetzt benutzen möchten“, sagt er und lacht. „Wir leben in unserem Haus Internationalität.“

Das bringt viele Sprachen mit. Im Theater wird unter anderem Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Polnisch, Russisch, Ukrainisch, Koreanisch und ja, auch Schweizerdeutsch gesprochen. Die Wurzeln der Künstler und Mitarbeiter reichen weit in zahlreiche Länder. „Das fordert und fördert“, sagt der Generalintendant. „Wir arbeiten täglich mit Menschen aus ganz Europa.“ Ensemble des Musiktheaters, der Schauspiel- und Tanzsparte kooperieren mit Häusern in Frankreich und Italien.

In der nächsten Spielzeit soll es mindestens genauso bunt und international zugehen, weiß Chavaz: Die Magdeburger Theaterleute werden in vielen Ländern erwartet, öffnen selbst auch die Türen für ausländische Gastkünstler, planen ein großes Telemann-Projekt mit der Akademie für alte Musik in Berlin. Elena Kats-Chernin, in der Spielzeit 23/24 Composer in Residence, bringt ihre Einflüsse in alle Sparten ein. Ihre Wurzeln sind in Russland und Australien. „Wir öffnen unsere Türen ganz weit“, so Chavaz. Es sei wichtig, nie „einfach nur so weiterzumachen wie bisher“. „Meine tägliche Gratwanderung, ist die Balance zu finden – zwischen Neugier schüren und sichere Publikumswünsche erfüllen“, sagt er. Dabei spiele auch eine Rolle, dass sich der Horizont der Menschen erweitere: „Internationalisierung bedeutet für uns auch, dass unser Publikum immer internationaler wird. Gerade die jüngeren Generationen sind mobil, für sie rücken Zentren zusammen. Sie holen sich Inspirationen, schauen sich anderswo die Kultur an.“ Für den Generalintendanten ist das Wasser auf seine Mühlen, wenn er erklärt: „Als Künstler und Regisseur bin ich nie fertig, ich arbeite mit Ehrgeiz und Tempo, immer weiter.“

So ähnlich sieht er auch Magdeburg. „Die Stadt wird sich weiter erneuern“, meint er. Das hätte nicht nur, jedoch auch etwas damit zu tun, dass „Intel“ die Wirtschaft und das Leben in der Ottostadt prägen werde. Julien Chavaz sagt: „Wir treten in einen Prozess ein, der noch völlig offen ist. Es wird Internationalität einziehen, die Wirtschaft wird angekurbelt.“ Das wiederum werde in der gesamten Kulturlandschaft zu spüren sein. Wie diese sich gestaltet, sei davon abhängig, wie sich die Menschen damit befassen werden. Und auch hier sieht Chavaz, „noch viel Potenzial, das sicher hervorragend ausgeschöpft wird“. Er ist überzeugt: „Städte, die ein lebendiges Kulturleben haben, sind auch international.“ Wie in einem Mikrokosmos ist das im Theater Magdeburg zu erleben. Ein Haus, in dem die Welt ein und aus geht.

Türen auf und Bühne frei: Internationalität spielt die Hauptrolle


Julien Chavaz

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