Das Wetter, das nervt Maral Hanna manchmal schon an Deutschland. Ansonsten findet sie Deutschland schön, an Magdeburg mag sie das viele Grün und das viele Wasser. „Bei uns ist alles trocken, Wüste. Aber Wüste ist auch schön“, sagt die in Amman aufgewachsene Jordanierin. Die jordanische Hauptstadt vermisst sie manchmal, sagt Maral Hanna. Die vollen Straßen, das Gewusel, lange geöffnete Geschäfte. Dennoch – zuhause fühlt sie sich jetzt in Magdeburg. Dabei wollte sie gar nicht hierher.
Ihr Weg nach Deutschland begann in Jordanien – sie studierte an der deutsch-jordanischen Universität in Amman Design und Visual Communications. Ein Auslandsjahr gehört an der Uni, die eng mit Magdeburg verbunden ist, für die Studierenden dazu - ein halbes Jahr Studium, ein halbes Jahr Praktikum. Maral Hanna verschlug es nach Würzburg. Da sie keine Praktikumsstelle fand, studierte sie zwei Semester in Franken, kehrte zum Abschluss des Studiums nach Amman zurück. Weil sie so begeistert von Deutschland war, wollte sie unbedingt zurück. Hier traf sie auf die bürokratische Realität. Sie war sich sicher, einen Job zu finden, wenn sie erstmal in Deutschland ist – aber in Düsseldorf fand sie nicht mal eine Wohnung. Weil sie keinen Job hatte. Sie lebte kurzfristig bei Verwandten und Freunden. Bis sie einen Anruf von Bekannten erhielt. Ob sie nicht nach Magdeburg kommen wolle, hier gebe es ausreichend Wohnungen. „Ehrlich, ich wollte nicht nach Magdeburg, ich war die ganze Fahrt traurig.“ Zu Unrecht, wie sie heute weiß.
Hier fand sie eine Wohnung, doch 2016 waren Plätze in Sprachkursen rar. Maral Hanna sprach schon sehr gut Deutsch, benötigte aber im bürokratischen Deutschland unbedingt ein weiteres Sprachzertifikat, um durchzustarten. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis sie endlich alle Prüfungen in der Tasche hatte und sie sich auf Jobsuche begeben konnte, berichtet Maral Hanna. Ihren ersten Job fand sie in einer Werbeagentur, dann wechselte sie in ein hoffnungsvolles Start-Up. Doch das junge Kreativunternehmen überlebte die Corona-Zeit nicht. Maral Hanna meldete ein Kleingewerbe an, begann nebenbei Internetauftritte, Logos und Druckaufträge für Unternehmen zu erstellen. Eine Marktlücke, wie sich gerade unter Lockdown-Bedingungen zeigte. „Alle wollten plötzlich eine Website.“ Bald trat sie ihren Vollzeitjob am Magdeburger Fraunhofer Institut an. Den hatte sie über eine Online-Stellenausschreibung entdeckt, sich beworben und begann im Mai 2021 dort zu arbeiten. Mit großer Freude, wie man ihr anmerkt. Sie mag die Herausforderungen, die durchaus schwer verständlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse so grafisch aufzuarbeiten, dass sie besser verständlich und vorstellbar werden.
Heute, sechs Jahre nach ihrem Start in Magdeburg, will sie nicht mehr weg. Nicht nur, weil sie hier ihren Mann gefunden hat und ein Kind erwartet. „Ich habe schon damals gesehen, dass Magdeburg Potenzial hat. Es hat mich vorangebracht, nicht nur im Beruf. Ich habe viele deutsche Freunde, habe mich gut integriert. Das wäre in einer anderen großen Stadt vielleicht nicht so geschehen, weil man mit Englisch dort mehr zurechtkommt.“ Natürlich fehlt ihr das Großstadtfeeling ein bisschen, abends sei es oft ganz schön ruhig in Magdeburg. Dafür sind die Wege kurz, die Menschen herzlich. Herzlicher als im Westen. „Darf man das noch so sagen? Aber hier im Osten sind die Menschen mehr wie wir, familiärer, freundlich, haben das Menschliche nicht verloren. Das habe ich im Westen ein bisschen vermisst“, sagt sie rückblickend.
Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, spürt sie oft, dass sie das gerade Entdeckte gerne ihrer Mutter zeigen würde, denn die war noch nie zu Besuch in Magdeburg. Das bedauert Maral Hanna. Sie sieht die Spielplätze, die Grünanlagen in den Stadtvierteln – an Familien wird in Magdeburg gedacht, so ist ihr Eindruck. Dazu komme die lange Geschichte der Stadt, sie liebt die alte Stadtmauer, den Domplatz. Und dass die Stadt sich weiter positiv entwickelt, internationaler werden wird, davon ist sie überzeugt.