Nein, Fußball spielt er aktuell nicht mehr. Aber ohne den Sport, da ist sich Nathan Salman Ghazbaf sicher, wäre er noch nicht soweit gekommen. „Ich bin nicht von Null, sondern von minus zehn gestartet und habe jetzt meine Firma“, sagt der 31-Jährige.

Ghazbaf ist im Iran geboren, hat Abitur gemacht, von klein auf Fußball gespielt. Bis in die Nationalmannschaft hat er es geschafft. Mit 23 musste er weg aus dem Land, in dem er nicht weit entfernt vom Grab des Propheten Daniel aufgewachsen war, und dass er oft besuchte. Die Verbindung in diese Heimat hält er nicht nur durch den Kontakt zu seinen Eltern. Sein Sohn und seine Firma tragen den Namen Danial – die persische Form von Daniel. Aber in Magdeburg ist er zu Hause. Im Dezember 2015 kam er als Flüchtling.

Er war über Österreich nach Deutschland gekommen, in München wurde er registriert und in einen Bus gesetzt, der ihn nach Halberstadt ins Erstaufnahmelager brachte. Wenige Wochen später dann Ankunft in Magdeburg. Im Fußball fand er Halt, spielte bei Fortuna Magdeburg, stieg mit der Mannschaft auf, wurde 2017 als bester Torwart in Sachsen-Anhalt geehrt. Die Mannschaft habe ihn offen empfangen, er habe durch das Training schneller Deutsch gelernt, sagt er. So schnell, dass er 2017, als er endlich die Aufenthaltsgenehmigung hatte und einen Integrationskurs beginnen konnte, eine Stufe im Sprachkurs überspringen, die Prüfung dafür ablegen und eine Stufe höher starten konnte. Anfang 2018 begann er eine Einstiegsqualifizierung als Verwaltungsfachangestellter bei der Stadtverwaltung der Landeshauptstadt. Im August wurde daraus eine Ausbildung. „Ich habe viele Leute kennengelernt, viel über die Gesetze gelernt.“

Doch 2018 war auch das Jahr, in dem eine Verletzung den Torwart zur Fußballpause zwang. Wenig später der nächste Tiefschlag – das Bundesamt für Migration entzog ihm, seiner Frau und dem Neugeborenen 2019 die Aufenthaltsgenehmigung. Die Familie sollte in den Iran abgeschoben werden. Er legte Widerspruch ein. Seine kurz zuvor begonnene Nebentätigkeit als Vermittler für ausländische Fachkräfte hatte noch keine Fahrt aufgenommen. Das Kreiskirchenamt Magdeburg bot ihm Arbeit in der Verwaltung, später das Nestor-Bildungsinstitut als Vertriebsmitarbeiter. „Ich brauchte einen Job, um einen zweiten Weg zum Widerspruch zu haben, wenn der erste gescheitert wäre“, erklärt Nathan Ghazbaf.

Der Richter entschied im Januar 2021 für den Familienvater. Der hatte zwischenzeitlich bei Preußen Magdeburg versucht, wieder aktiv in den Fußball einzusteigen – doch Corona sorgte erneut für Zwangspausen. Für sein Hobby hatte der Wahl-Magdeburg jetzt keine Zeit mehr, er startete
mit seinem Unternehmen durch. Die Botschaften waren nach Corona wieder offen, er begann seine Akquise für ausländische Fachkräfte. „Noch sind die deutschen Arbeitgeber zurückhaltend“, berichtet Ghazbaf. Doch er hat mittlerweile unter anderem zwei Elektro-Ingenieure nach Zielitz vermittelt, zwei IT-Ingenieure nach Schönebeck. Er sei immer auf der Suche nach potenziellen Arbeitgebern, sagt er, Fachkräfte finde er über seine Netzwerke. Im Iran zum Beispiel könne man zwar fast alles studieren, trotzdem hinterher gebe es keine Arbeit dort. Da sei die Situation in Deutschland ganz anders, hier könne man alles werden, was man will.

Überhaupt ist er Deutschland sehr dankbar. „Dass ich frei leben kann, das hat Deutschland mir geschenkt.“ Und aus Magdeburg will er nicht mehr weg. Er hat erlebt, wie sich die Stadt mehr und mehr öffnete, internationaler wurde. Im persönlichen Umfeld sei er ohnehin immer sehr offen aufgenommen worden. Mit seiner afghanischen Frau und dem vierjährigen Sohn liebt er es, im Stadtpark unterwegs zu sein oder die Stadt gemeinsam zu entdecken. „Klein, aber fein, das trifft auf Magdeburg zu“, sagt Ghazbaf. Die Ottostadt sei eine moderne Stadt, eine Stadt der kurzen Wege. Und wer weiß, wenn es mit der Firma stabil läuft, geht er vielleicht auch wieder zum Fußball – um Torwarte zu trainieren.

Vom Grab des Propheten Daniel an die Elbe


Nathan Salman Ghazbaf

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