Manfred DischerDie Johanniskirche gehört zu den wichtigsten Bauten der Ottostadt. In der ältesten Stadtkirche Magdeburgs predigte schon der berühmte Reformator Martin Luther, Otto-von-Guericke hinterließ hier seine Spuren. Ihre Geschichte ist eng mit der Historie der Stadt verknüpft.  Im Jahr 1131 wurde die Kirche als eine dreischiffige kreuzförmige Basilika im romanischen Stil errichtet und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zerstört: bei Stadtbränden, im Dreißigjährigen Krieg durch Tillys Truppen und am 16. Januar 1945 durch die Bomben im Zweiten Weltkrieg. Der Wiederaufbau begann 46 Jahre nach dieser Zerstörung. Dass der Sakralbau heute ein gefragter Veranstaltungsort ist, von Gästen und Einwohnern besichtigt wird und einen Panoramablick über die Stadt bietet – daran haben viele Menschen ihren Anteil. Einer davon ist der Architekt Manfred Discher, der den Wiederaufbau gemeinsam mit seinem damaligen Mitarbeiter Matthias Rau sowie dem Architekten Dr. Walter Brezinski  steuerte. „So eine Chance erhält man nur einmal im Leben“, sagt er. „Wir haben der Stadt ein Stück Geschichte zurückgegeben.“ Einfach war diese Aufgabe nicht. Als sich 1990 das Kuratorium zum Wiederaufbau gründete, war die Johanniskirche nicht mehr als eine Ruine, gefüllt mit Schutt, ohne Dach. Alle Beteiligten waren sich einig: Wenn die Kirche wieder errichtet wird, dann soll sie als städtische Festhalle aus den Ruinen auferstehen. „Über alles andere haben wir damals mit vielen Menschen diskutiert. Das Interesse war riesig und die Ideen vielfältig“, erinnert sich der Architekt. Der rote Faden war der Anspruch, den die Architekten und die Stadtverwaltung prägten: „Das Bauwerk soll zugleich neu und alt wirken, Schäden sollen als Mahnung gegen die Kriegszerstörungen sichtbar bleiben.“ Die Wiedereröffnung am 2. Oktober 1999 war für viele Menschen ein emotionaler Augenblick. „Gäste aus den USA erzählten uns, dass sie 1945 zusehen mussten, wie die Kirche gebrannt hat“, erinnert sich Manfred Discher. „Magdeburger schüttelten uns die Hand.“ Er und zahlreiche weitere Beteiligte blickten damals auf ein Jahr Bauzeit zurück, das von archäologischen Ausgrabungen, Forschungen und vielen Arbeiten geprägt war. Alte Knochen wurden gefunden, neue Fundamente gesetzt, unter dem Chor kam die alte Krypta zum Vorschein. Manfred Discher erinnert sich: „Wir standen auf Steinen, die vor fast 1000 Jahren dort abgelegt worden sind.“ Als Architekt hat Manfred Discher einen offenen Blick für die Historie und die Baukultur der Stadt, die er u.a. mit dem Wiederaufbau einiger Häuser in der Hegelstraße und Baudenkmäler selbst mit geprägt hat. „In Magdeburg vereinen sich historische Gebäude und moderner Wohnungsbau“, sagt er. „Eine solche Baukultur ist ein guter Grundstein für Magdeburgs Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt."

Fotos: Werner Klapper

Johannisbergstraße 1